Text des Urteils
11 Sa 707/10;
Verkündet am:
12.01.2011
LAG Landesarbeitsgericht München
Vorinstanzen: 30 Ca 10732/09 Arbeitsgericht München; Rechtskräftig: unbekannt! Das bei Altersteilzeitarbeit im „Blockmodell” abzusichernde Wertguthaben umfasst nicht die tariflich oder einzelvertraglich geschuldeten Aufstockungsbeträge iSv. § 3 I Nr. 1 ATGf ür Freistellungsphase, da Arbeitnehmer hiermit nicht in Vorleistung tritt Titelauswahl: Franz-Anton Plitt, Chisinau - Internet entrepreneurLeitsatz des Gerichts: § 8 a ATG, §§ 3, 4 ATG, § 7 b SGB IV Das bei einem Altersteilzeitarbeitsverhältnis im sog. „Blockmodell” gem. § 8 a Abs. 1 Satz 1 ATG abzusichernde Wertguthaben umfasst nicht die tariflich oder einzelvertraglich geschuldeten Aufstockungsbeträge im Sinne von § 3 Abs. 1 Nr. 1 ATG für die Freistellungsphase, da der Arbeitnehmer hiermit nicht in Vorleistung tritt. In dem Rechtsstreit G. W. - Kläger und Berufungskläger - Prozessbevollmächtigter: gegen E. P. f. B. e. V. - Beklagter und Berufungsbeklagter - Prozessbevollmächtigte: hat die 11. Kammer des Landesarbeitsgerichts München auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 15. Dezember 2010 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Müller und die ehrenamtlichen Richter Geier und Eberle für Recht erkannt: 1. Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 17.06.2010 - 30 Ca 10732/09 - wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen. 2. Die Revision wird zugelassen. Der am 0.0.1947 geborene Kläger ist seit dem 06.05.1974 beim Beklagten beschäftigt. Unter dem 19.12.2007 schlossen die Parteien eine „Vereinbarung über Altersteilzeit“ (Bl. 8/11 d. A.), wonach ab dem 01.01.2008 ein Altersteilzeitarbeitsverhältnis im sog. Blockmodell vereinbart wurde. Dabei wurde die Arbeitsphase vom 01.01.2008 bis einschließlich 31.03.2010 und die Freistellungsphase vom 01.04.2010 bis einschließlich 30.06.2012 vereinbart. Der Vertrag enthält unter u. a. Regelungen: „… § 5 Arbeitsentgelt Der Arbeitnehmer nimmt während der Arbeits- und Freistellungsphase am Gehaltsgruppenkatalog des EPV, in Anlehnung an den Tarifvertrag für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in den bayrischen Betrieben des Groß- und Außenhandels gültigen tariflichen Gehaltsentwicklung teil. Er erhält über den gesamten Verteilzeitraum durchgehend Arbeitsentgelt für Altersteilzeit-Arbeit in Höhe von 50 % des Arbeitsentgelts. Das Arbeitsentgelt umfasst alle tariflichen und übertariflichen Entgeltbestandteile. § 6 Aufstockungsbetrag zum Arbeitsentgelt für Altersteilzeit-Arbeit Das Arbeitsentgelt für Altersteilzeit-Arbeit wird vom Arbeitgeber fortlaufend auf 83 % des monatlichen Netto-Regelarbeitsentgelts aufgestockt. Auch Weihnachtsgeld (13. Gehalt) und Urlaubsgeld werden auf 83 % netto aufgestockt. Der tarifliche Anspruch auf vermögenswirksame Leistungen besteht während der ATZ fort. § 7 Aufstockungsbeitrag zur Rentenversicherung Berechnungsgrundlage für die Abführung des Rentenversicherungsbeitrages ist das jeweilige tarifliche Vollzeitarbeitsentgelt. Der Arbeitgeber entrichtet für den Arbeitnehmer während der gesamten Dauer des Altersteilzeitverhältnisses Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe des Beitrags, der auf den Unterschiedsbetrag zwischen 90 % des bisherigen - höchstens jedoch bis zur Beitragsbemessungsgrenze berücksichtigungsfähigen Arbeitsentgelts - und dem Arbeitsentgelt für die Altersteilzeit-Arbeit entfällt. … § 13 Insolvenzsicherung Bei verblockter Altersteilzeit-Arbeit sichert der Arbeitgeber das Wertguthaben des Arbeitnehmers sowie den darauf entfallenden Arbeitgeber-Anteil am Gesamtsozialversicherungsbeitrag durch die Einrichtung eines Treuhandkontos auf den Namen des Arbeitnehmers, auf das der Arbeitnehmer nur im Falle der Insolvenz oder Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers Zugriff erhält. Der Arbeitgeber weist gegenüber dem Arbeitnehmer halbjährlich die Höhe des gegen Insolvenz gesicherten Wertguthabens nach ….“ Für den Monat Dezember 2008 wurde dem Kläger gegenüber, entsprechend der Gehaltsabrechnung, auf die Bezug genommen wird (Bl. 13 d. A.), insgesamt ein Gesamtbrutto von 0,00 € abgerechnet, wobei ein Aufstockungsbetrag in Höhe von 764,13 € brutto eingeschlossen war. Mit Schreiben der D. W. A. Z. D. mbH vom 17.09.2010 (Bl. 193 d. A.) bestätigt diese als Verwalter des zur Sicherung der Wertguthaben von Altersteilzeitkonten des Beklagten bei der E. Kr. e. G. Ka. gebildeten Sicherungskontos mit der Nummer 000 000 000, dass zur Sicherung des Arbeitszeitguthabens des Klägers ein Guthabensstand in Höhe von 79.988,76 € vorhanden sei. Der Kläger hat erstinstanzlich die Auffassung vertreten, dass das Sicherungskonto durch den Beklagten zu gering bedient sei. Entsprechend § 13 Satz 1 des Altersteilzeitvertrages habe er einen vertraglichen Anspruch auf Sicherung des Wertguthabens einschließlich des darauf entfallenden Arbeitgeberanteils am Gesamtsozialversicherungsbeitrag. Dabei sei der Aufstockungsbetrag in Höhe von monatlich 765,76 € sowie der Aufstockungsbetrag zur Rentenversicherung gem. § 7 des Altersteilzeitvertrages einzubeziehen. Dies ergäbe die Auslegung des abgeschlossenen Altersteilzeitvertrages unter Einbeziehung einer vom Beklagten vor Vertragsabschluss durchgeführten Berechnung der Brutto- und Nettoabzüge. Der Kläger hat weiterhin die Auffassung vertreten, dass sich auch aus der gesetzlichen Regelung des § 8 Abs. 1 Satz 1 ATG ein derartiges Verständnis des Begriffs des Wertguthabens ergebe. Außerdem hat er erstinstanzlich die Erhöhung des Wertguthabens wegen eines um monatlich 38,73 € ab dem 01.01.2009 erhöhten Krankenversicherungsbeitrages gefordert. Der Kläger hat erstinstanzlich folgende Anträge gestellt: 1. Der Beklagte wird verurteilt, für den Kläger auf dessen Treuhandkonto zum 27.05.2010 einen Betrag von insgesamt 105.299,41 € einzubezahlen und dem Kläger nachzuweisen. 2. Hilfsweise für die Ablehnung dieses Antrags 1. wird beantragt, dass der Beklagte über den anerkannten Betrag von 1.001,04 € hinaus den Betrag von 232,38 € zusätzlich auf das Treuhandkonto zu zahlen hat. 3. Es wird festgestellt, dass der Beklagte beginnend mit dem 01.06.2010 unter dem Vorbehalt pünktlicher und vollständiger Gehaltszahlungen und zu jedem weiteren 1. eines Monats einen maximalen Betrag von 4.053,65 € vom Treuhandkonto in den eigenen Vermögensbestand zurückführen darf. Der Beklagte hat demgegenüber beantragt, die Klage abzuweisen. Er hat die Auffassung vertreten, dass sich der monatlich zu Gunsten des Klägers zu sichernde Betrag gem. § 13 des Altersteilzeitvertrages aus dem Wertguthaben des Arbeitnehmers sowie des darauf entfallenden Arbeitgeberanteils zum Gesamtsozialversicherungsbeitrag zusammensetze, wobei Aufstockungsbeträge nicht unter die Sicherungspflicht fallen würden, da es sich hierbei nicht um Wertguthaben im Rechtssinne handle. Dies ergebe sich auch aus der gesetzlichen Regelung des § 8 Abs. 1 ATG. Eine Unterdeckung des Sicherungskontos sei daher nicht gegeben. Das Arbeitsgericht München hat mit Urteil vom 17.06.2010 den Beklagten - hinsichtlich der erhöhten Krankenversicherungsbeiträge - verpflichtet, für den Kläger auf dessen Treuhandkonto zusätzlich einen Betrag in Höhe von 232,38 € einzubezahlen. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen, wobei es den unter Ziff. 3. gestellten Feststellungsantrag als unzulässig erachtete. Es hat dies im Wesentlichen damit begründet, dass der Kläger keinen Anspruch auf Sicherung der Aufstockungsbeträge habe, Derartiges ergäbe sich weder aus dem Altersteilzeitvertrag noch aus der gesetzlichen Regelung. Wegen der weiteren tatsächlichen und rechtlichen Feststellungen des Erstgerichts wird auf den Tatbestand und die Entscheidungsgründe des Urteils vom 17.06.2010 Bezug genommen. Gegen das dem Kläger am 28.06.2010 zugestellte Endurteil hat dieser am 15.07.2010 durch seinen anwaltschaftlichen Vertreter Berufung eingelegt und diese am 26.08.2010 begründet. Mit seiner Berufung berechnet der Kläger zum Stichtag 30.06.2010 einen erforderlichen Sicherungsbetrag in einer Gesamthöhe von 97.192,11 €, den er aus einem monatlich erforderlichen Sicherungsbetrag in Höhe von 4.053,65 € ableitet, welcher monatlich um 1.173,29 € über dem vom Beklagten anerkannten Betrag von 2.880,36 € liege. Der Kläger hält an seiner bereits erstinstanzlich geäußerten Rechtsauffassung, die er auch durch einen Entscheid des Landesarbeitsgerichts Hamm (U. v. 12.12.2007) unterstützt sieht, fest, wonach zum zu sichernden Wertguthaben auch die Aufstockungsbeträge zu rechnen seien. Das Arbeitsgericht habe nicht ausreichend zwischen dem hier streitgegenständlichen Wertguthaben und den Rechtsansprüchen des Arbeitgebers gegenüber der Bundesagentur für Arbeit eine Trennung vorgenommen. Da der Gesetzgeber nicht den Begriff des Gegenwertguthabens verwandt habe, zählten zu dem Begriff des Wertguthabens auch Aufstockungsansprüche, auch wenn es sich dabei nicht um einen Gegenwert für eine tatsächlich erbrachte Arbeitsleistung handle. Dies ergebe sich auch aus der Definition des Begriffs des Arbeitsentgelts i. S. d. § 14 Abs. 1 SGB IV. Außerdem stütze auch das zum 01.01.2009 in Kraft getretene Flexi-II-Gesetz diese Rechtsauslegung, wonach gem. § 7 d Abs. 1 SGB IV Wertguthaben nur noch als Arbeitsentgeltguthaben einschließlich des darauf entfallenden Arbeitgeberanteils am Gesamtsozialversicherungsbeitrag geführt werden dürften. Bereits aus dem geschlossenen Altersteilzeitvertrag ergebe sich, dass der Gesamtsozialversicherungsbeitrag auch den gem. § 7 des Altersteilzeitvertrages abzuführenden Aufstockungsbetrag an die Rentenversicherung mit umfassen müsse. Weiterhin gehöre auch der vertraglich vereinbarte Aufstockungsbetrag zum Wertguthaben im Sinne des Altersteilzeitvertrages. Zur Auslegung des Vertrages sei die vor Vertragsschluss dem Beklagten vorgelegte Berechnung der Brutto- und Nettobezüge heranzuziehen. Der Vertrag sei so zu verstehen, dass der Kläger im Falle der Insolvenz des Beklagten so stehen solle, wie er stünde, wenn der Vertrag bei Zahlungsfähigkeit des Beklagten fortgesetzt würde. Schließlich spreche auch die Interessenlage für die gewählte Vertragsauslegung, da der Kläger in der Phase 1 der Altersteilzeit mit seiner Arbeitsleistung in Vorleistung gegangen sei. Nachdem die Parteien den vom Kläger mit der Berufung klageerweiternd geltend gemachten Anspruch auf Nachweis der Höhe des mit Ablauf des 30.06.2010 entstandenen Wertguthabens im Termin vom 15.12.2010 übereinstimmend für erledigt erklärt haben - jeweils unter Verwahrung der Kostenlast -, stellt der Kläger zuletzt folgenden Antrag: Das Urteil des Arbeitsgerichts München vom 17.06.2010 wird wie folgt abgeändert: Der Beklagte wird verurteilt, zum 01.07.2010 für den Kläger auf dessen Treuhandkonto einen Betrag von insgesamt 97.192,11 € einzubezahlen. Der Beklagte beantragt demgegenüber, die Berufung zurückzuweisen. Er verteidigt den erstinstanzlichen Entscheid und verweist darauf, dass ohne die vom Kläger zusätzlich geforderten Aufstockungsbeträge dessen Wertguthaben jeweils zu den Stichtagen 31.03.2010 und 30.06.2010 ausreichend gesichert gewesen sei. Auf das entsprechende Rechenwerk im Schriftsatz vom 29.09.2010 (S. 3 u. 4) wird Bezug genommen. Der Kläger verkenne den Begriff des Wertguthabens, der nicht mit dem Begriff des Arbeitsentgelts im Einklang stehe. So führten sozialrechtliche Definitionen des Arbeitsentgeltbegriffs nicht weiter. Weder aus der Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Hamm, noch aus der zitierten Kommentarliteratur sei anderes abzuleiten. Auch die Auslegung des geschlossenen Altersteilzeitvertrages, insbesondere des § 13 Satz 1, ergebe nichts anderes. So sei ausdrücklich nur geregelt, dass der Gesamtsozialversicherungsbeitrag gesichert werde, der auf das Wertguthaben des Arbeitnehmers entfalle. Die vertragliche Regelung sei eindeutig und nicht auslegungsfähig. Die vorab vom Kläger verlangte Berechnung der Brutto- und Nettobezüge könne zur Auslegung nicht herangezogen werden, da der Umfang der Insolvenzsicherung nicht Thema der Gespräche gewesen sei. Auch die Interessenlage spreche nicht für eine entsprechende Auslegung, da er mit den Aufstockungsbeträgen nicht in Vorleistung gegangen sei. Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien im Berufungsrechtszug wird auf die Schriftsätze vom 26.08.2010 und 29.09.2010 Bezug genommen. Die Berufungskammer folgt zunächst den Entscheidungsgründen der angefochtenen Entscheidung und sieht insoweit von einer eigenen Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 69 Abs. 2 ArbGG). Hinsichtlich der Berufungsangriffe gilt Folgendes: 1. Kein vertraglicher Anspruch: Der Kläger kann aus dem abgeschlossenen Altersteilzeitvertrag vom 19.12.2007 keinen Anspruch auf Absicherung der Aufstockungsbeträge ableiten. § 13 des Vertrages ist insoweit von seinem Wortlaut her eindeutig und nicht im Sinne des klägerischen Vorbringens auslegungsfähig. Die Vertragsbestimmung weicht nur insoweit zu Gunsten des Arbeitnehmers von der gesetzlichen Normierung in § 8 a Abs. 1 ATG ab, als die Verpflichtung zur Insolvenzsicherung nicht an den Betrag des Dreifachen des Regelarbeitsentgelts nach § 6 Abs. 1 ATG übersteigend anknüpft. Dies offenkundig aber auch nur deshalb, da bei Abschluss des Altersteilzeitvertrages aufgrund der gewählten Blockphasen bereits feststand, dass diese Grenze überschritten wird und die Verpflichtung zur Absicherung bereits am Ende des ersten Monats der Arbeitsphase vom Arbeitgeber geprüft werden muss (vgl. Rolfs, Insolvenzschutz für Wertguthaben, NZS 2004, S. 561). Im Übrigen greift die vertragliche Regelung erkennbar im Eingangssatz den gesetzlichen Wortlaut des § 8 a Abs. 1 Satz 1 ATG auf, wonach formuliert wird „… sichert der Arbeitgeber das Wertguthaben des Arbeitnehmers sowie den darauf entfallenden Arbeitgeber-Anteil am Gesamtsozialversicherungsbeitrag …“. Damit enthält die vertragliche Regelung - wie die gesetzliche - keine eigenständige Definition des Wertguthabens. Es ist daher davon auszugehen, dass die Vertragsparteien mit der identischen Formulierung insoweit die bestehende Rechtslage aufgreifen, jedoch nicht abändern oder gar erweitern wollten. Dies folgt für die vertragliche Regelung auch daraus, dass die Parteien in §§ 6 und 7 des Altersteilzeitvertrages höhere Aufstockungsbeiträge sowohl für das monatliche Nettoregelarbeitsentgelt als auch für die Abführung der Rentenversicherungsbeiträge vereinbart haben, als dies das Altersteilzeitgesetz als Mindestvoraussetzung für einen Erstattungsanspruch durch die Bundesagentur in § 4 i. V. m. § 3 Abs. 1 ATG vorsieht. Da die Vertragsparteien einerseits in den §§ 6 und 7 des Altersteilzeitvertrages somit eigenständige, weitergehende vertragliche Vereinbarungen getroffen haben, dies aber in § 13 des Vertrages, bezogen auf die Höhe des Wertguthabens, nicht der Fall ist, ist auch deshalb davon auszugehen, dass, wie der Wortlaut ausweist. Abweichendes von der gesetzlichen Grundregelung in § 8 Abs. 1 Satz 1 ATG nicht vereinbart ist. Anderes ergibt sich auch nicht aus der vom Kläger mit Schreiben vom 30.07.2007 vor Vertragsschluss erbetenen Altersteilzeitberechnung. Mit dieser Anfrage hat er ausdrücklich „um eine Berechnung“ seiner „Brutto- bzw. Nettobezüge für Altersteilzeit“ gebeten. Eine Aussage über die Höhe des zu sichernden Wertguthabens war damit von ihm weder abgefragt noch war dies Gegenstand der Altersteilzeitberechnung des Beklagten. Hinzu tritt, dass der Beklagte - vom Kläger insoweit unwidersprochen (§ 138 Abs. 3 ZPO) - vorgetragen hat, dass das Thema der Wertsicherung vor und bei Abschluss des Altersteilzeitvertrages - zumindest in Bezug auf den Sicherungsumfang - nicht Gegenstand der Erörterungen war. Die vertragliche Anlehnung an die gesetzliche Grundvorgabe gilt sowohl für den Aufstockungsbeitrag zum Arbeitsentgelt als auch für den Aufstockungsbeitrag zur Rentenversicherung, denn auch insoweit bezieht sich die Vertragsvereinbarung mit dem „darauf entfallenden Arbeitgeberanteil am Gesamtsozialversicherungsbeitrag“ auf das zu sichernde Wertguthaben und enthält damit keine von der gesetzlichen Vorgabe in § 8 Abs. 1 Satz 1 ATG abweichende Regelung. 2. Kein gesetzlicher Anspruch: a) Das Altersteilzeitarbeitsverhältnis der Parteien unterfällt § 8 a ATG in der ab dem 01.07.2004 geltenden Fassung, da der Beginn der Altersteilzeitarbeit nach dem 01.07.2004 lag (§ 15 g ATG). § 8 a ATG wurde mit Wirkung ab 01.07.2004 durch das 3. Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt eingeführt und hat damit eine spezielle Insolvenzsicherung zum Schutz der Wertguthaben der im sog. Blockzeitmodell beschäftigten Arbeitnehmer in Altersteilzeitarbeit erstmals eingeführt. Danach ist der Arbeitgeber verpflichtet, das Wertguthaben einschließlich des darauf entfallenden Arbeitgeberanteils am Gesamtsozialversicherungsbeitrag mit der ersten Gutschrift in geeigneter Weise gegen das Risiko seiner Zahlungsunfähigkeit abzusichern, wenn eine Vereinbarung über die Altersteilzeit i. S. v. § 2 Abs. 2 ATG zum Aufbau eines Wertguthabens, das den Betrag des Dreifachen des Regelarbeitsentgelts nach § 6 Abs. 1 ATG einschließlich des darauf entfallenden Arbeitgeberanteils am Gesamtsozialversicherungsbeitrag übersteigt, führt (§ 8 a Abs. 1 Satz 1 ATG). Vorliegend ist - wie bereits dargestellt - die erste Voraussetzung des Überschreitens des Dreifachen des Regelarbeitsentgelts unstreitig erfüllt, unabhängig von der zwischen den Parteien strittigen Berechnung des Wertguthabens. b) Der Begriff des Wertguthabens selbst ist in dem Altersteilzeitgesetz anders als der Begriff des Regelarbeitsentgelts, bei dem auf § 6 Abs. 1 verwiesen wird, nicht näher definiert. Gesetzliche Bestimmungen sind zunächst vom Wortlaut her auszulegen. Der maßgebliche Sinn des Begriffs ist zu ermitteln. Auch sind der Wille des Gesetzgebers, der systematische Zusammenhang sowie Sinn und Zweck der Norm zu berücksichtigen (BAG U. v. 15.03.2000, zit. n. Juris). Entgegen der Auffassung des Klägers kann nicht auf die sozialrechtlichen Definitionen des Arbeitsentgeltbegriffs in § 14 SGB IV abgestellt werden, da mit diesen sozialrechtlichen Definitionen, ebenso wie mit derjenigen des § 6 Abs. 1 ATG, nichts zum Umfang und Inhalt des Begriffs des Wertguthabens als individualrechtlicher Sicherungsanspruch des Arbeitnehmers gesagt ist. Auch § 7 b Nr. 3 SGB IV definiert nicht näher den Umfang des Wertguthabens. c) Der Umfang der Insolvenzsicherungspflicht ist daher nach Sinn und Zweck der Norm zu bestimmen. Dieser liegt darin, dass der Arbeitnehmer im Blockzeitmodell dafür abzusichern ist, dass er mit seiner Arbeitsleistung in Vorleistung geht, da er einerseits in der sog. Arbeitsphase vertraglich vereinbarte Vollarbeitszeit leistet, er hierfür jedoch zunächst nur 50 % des hierauf entfallenden Arbeitsentgelts erhält. Dazu treten die mit dem Arbeitgeber vereinbarten Aufstockungsbeträge, die im arbeitsrechtlichen Individualverhältnis gesetzlich nicht zwingend vorgegeben sind, während Erstattungsleistungen durch die Bundesagentur für Arbeit an Mindestaufstockungsbeträge gem. §§ 4, 3 Abs. 1 ATG anknüpfen. Diese Aufstockungsbeträge sind jedoch keine Gegenleistung für erbrachte Arbeit, sondern ein - teilweiser - Ausgleich für die monatliche Minderung des zur Verfügung stehenden Entgelts. Der Arbeitnehmer geht daher beim Blockmodell regelmäßig mit 50 % seiner vertraglich geschuldeten Vollzeitarbeit in Vorleistung. Nur im Umfang dieser Vorleistungen erarbeitet er sich originäre Entgeltansprüche (vgl. BAG U. v. 23.02.2005, 10 AZR 600/03 u. v. 24.06.2003, 9 AZR 353/02, jew. zit. n. Juris). Sinn und Zweck des neu eingeführten § 8 a ATG ist es daher, den Arbeitnehmer insoweit abzusichern, als er bereits eigene Arbeitsleistung tatsächlich erbracht hat, das hierfür geschuldete Arbeitsentgelt aber noch nicht geflossen ist. Soweit daher für die künftigen Aufstockungsbeträge in der Freistellungsphase ein Insolvenzrisiko fortbesteht, widerspricht auch dies nicht Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung. Denn insoweit wird der Arbeitnehmer, der ein Altersteilzeitarbeitsverhältnis im Blockmodell vereinbart hat, nicht schlechter gestellt als ein Arbeitnehmer im „normalen“ Altersteilzeitarbeitsverhältnis. Für Letzteres besteht nach der derzeitigen Rechtslage keine Insolvenzsicherung, auch nicht für künftig fällig werdende Aufstockungsbeträge. Es ist nicht ersichtlich, dass der Gesetzgeber insoweit den Altersteilzeitarbeitnehmer im Blockmodell privilegiert sichern wollte. Vielmehr ist davon auszugehen, dass, wie auch im Regelarbeitsverhältnis, Insolvenzschutz für künftig fällig werdende Entgelte oder gar Erwerbschancen nicht gegeben ist. d) Dabei kann der Kläger auch nicht damit gehört werden, dass er im Termin die Auffassung vortragen ließ, dass er mit seiner vollen Arbeitsleistung in der ersten Hälfte der Blockphase auch bereits die vollen Aufstockungsbeträge für den Zeitraum der Freistellungsphase erdient habe. Dem stehen die Regelungen der §§ 6 und 7 des Altersteilzeitvertrages entgegen, die die dort vereinbarten Aufstockungsprozentsätze monatlich limitieren. Eine Stundungsvereinbarung der schon doppelt angefallenen Aufzahlungsbeträge kann aus den vertraglichen Vereinbarungen nicht entnommen werden. Sie widerspräche auch dem Sinn und Zweck der Aufstockungsbeträge, die einen teilweisen Ausgleich der monatlichen wirtschaftlichen Entgeltverluste über das gesamte Altersteilzeitverhältnis und nicht nur während der Blockarbeitsphase - dann dort überkompensiert - ermöglichen sollen. e) Der Kläger vermag auch nicht aus der Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 12.12.2007 (3 Sa 1468/07, zit. n. Juris) Entscheidendes für seine Rechtsauffassung abzuleiten. Denn diese Entscheidung bezieht sich nur darauf, dass es dem Arbeitgeber gem. § 8 a Abs. 2 ATG verwehrt ist, bei der Ermittlung der Höhe des zu sichernden Wertguthabens Aufstockungsleistungen anzurechnen, d. h. in Höhe der Aufstockungsleistungen das zu sichernde Bruttoarbeitseinkommen zu vermindern. Aus § 8 a Abs. 2 ATG folgt jedoch nicht im Gegenschluss, dass zum zu sichernden Wertguthaben die Aufstockungsbeträge hinzuzurechnen sind. Im Gegenteil: Die gesetzliche Regelung des § 8 a Abs. 2 ATG wäre unverständlich, wenn der Gesetzgeber für den Begriff des Wertguthabens in § 8 a Abs. 1 ATG davon ausgegangen wäre, dass das zu sichernde Wertguthaben die Aufstockungsbeträge mit umfasse. f) Es verbleibt daher dabei, dass bei einem Altersteilzeitarbeitsverhältnis, das im Blockmodell durchgeführt wird, das Wertguthaben das während der Arbeitsphase nicht ausgezahlte Bruttoarbeitsentgelt einschließlich der Arbeitgeberanteile am hierauf entfallenden Gesamtsozialversicherungsbeitrag umfasst, nicht aber die künftigen Aufstockungsleistungen (vgl. BAG U. v. 23.02.2010, 9 AZR 71/09, Rn. 14 der Entscheidungsgründe m. w. N., zit. n. Juris; Rolfs, aaO, S. 564 m. w. N.; Kraushaar in Däubler/Hjort/Schubert/ Wolmerath Arbeitsrecht, 2. Aufl., § 8 a ATG, Rn. 19). Abschließend ist darauf hinzuweisen, dass wegen der nicht erforderlichen Einstellung der Aufstockungsbeträge in das Wertguthaben die „darauf entfallenden“ Arbeitgeberanteile am Gesamtsozialversicherungsbeitrag ebenfalls nicht absicherungspflichtig sind. Der Kläger übersieht bei seiner Argumentation, dass sowohl im Altersteilzeitvertrag als auch in der gesetzlichen Regelung des § 8 a Abs. 1 Satz 1 jeweils nicht der gesamte Sozialversicherungsbeitrag des Arbeitgeberanteils, sondern nur der darauf entfallende Anteil abzusichern ist. Eine Berücksichtigung in der Kostenlast war insoweit zu Gunsten des Klägers nicht veranlasst, da der geltend gemachte Anspruch gem. § 8 g Abs. 3 ATG nicht gesondert klagbar ist (§ 8 a Abs. 4 ATG) und jedenfalls diese Klageerweiterung von ihrem Gegenstandswert, vergleichbar der Erteilung eines Arbeitspapiers, mit maximal 250,- € zu bewerten ist und damit im Vergleich zum Hauptstreitwert (geforderte 97.192,11 € abzgl. 79.988,76 €) verhältnismäßig geringfügig war und keine höheren Kosten veranlasst hat (§ 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO). Für den Kläger ist daher das Rechtsmittel der Revision gemäß der nachfolgenden Rechtsmittelbelehrung möglich, für den Beklagten ist mangels Beschwer ein Rechtsmittel nicht statthaft. Rechtsmittelbelehrung: Gegen dieses Urteil kann der Kläger Revision einlegen. Für den Beklagten ist gegen dieses Urteil kein Rechtsmittel gegeben. Die Revision muss innerhalb einer Frist von einem Monat eingelegt und innerhalb einer Frist von zwei Monaten begründet werden. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung des Urteils. Die Revision muss beim Bundesarbeitsgericht Hugo-Preuß-Platz 1 99084 Erfurt Postanschrift: Bundesarbeitsgericht 99113 Erfurt Telefax-Nummer: 0361 2636-2000 eingelegt und begründet werden. Die Revisionsschrift und die Revisionsbegründung müssen von einem Rechtsanwalt unterzeichnet sein. Es genügt auch die Unterzeichnung durch einen Bevollmächtigten der Gewerkschaften und von Vereinigungen von Arbeitgebern sowie von Zusammenschlüssen solcher Verbände - für ihre Mitglieder - oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder oder von juristischen Personen, deren Anteile sämtlich in wirtschaftlichem Eigentum einer der im vorgenannten Absatz bezeichneten Organisationen stehen, - wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt - und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet. In jedem Fall muss der Bevollmächtigte die Befähigung zum Richteramt haben. Zur Möglichkeit der Revisionseinlegung mittels elektronischen Dokuments wird auf die Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr beim Bundesarbeitsgericht vom 09.03.2006 (BGBl. I, 519 ff.) hingewiesen. Einzelheiten hierzu unter http://www.bundesarbeitsgericht.de/. Müller Geier Eberle ----------------------------------------------------- Die von uns erfassten Urteile wurden oft anders formatiert als das Original. Dies bedeutet, daß Absätze eingefügt und Hervorhebungen durch fett-/kursiv-/&farbig-machen sowie Unterstreichungen vorgenommen wurden. Dies soll verdeutlichen, aber keinesfalls natürlich den Sinn verändern.Wenn Sie vorsichtshalber zusätzlich die Originalversion sehen möchten, hier ist der Link zur Quelle (kein Link? Dann ist dieser Link nicht in unserer DB gespeichert, z.B. weil das Urteil vor Frühjahr 2009 gespeichert worden ist). |