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Pressemitteilung
T-33/09;
Verkündet am: 
 29.03.2011
EuG-1. Inst. Europäisches Gericht erster Instanz
 

Rechtskräftig: unbekannt!
Im Rahmen der Erhebung eines vom EuGH festgesetzten Zwangsgelds kann Kommission nicht die Vereinbarkeit der nationalen Regelung mit dem EU-Recht beurteilen - EuGH ausschließlich zuständig
Leitsatz des Gerichts:
Im Rahmen der Erhebung eines vom Gerichtshof festgesetzten Zwangsgelds kann die Kommission nicht die Vereinbarkeit der nationalen Regelung mit dem Recht der EU beurteilen

Diese Beurteilung unterliegt der ausschließlichen Zuständigkeit des Gerichtshofs, und die Kommission hätte ein neues Vertragsverfahren einleiten müssen
Mit Urteil vom 14. Oktober 20041 hat der Gerichtshof festgestellt, das Portugal dadurch gegen seine Verpflichtungen verstoßen hat, dass es seine nationale Regelung, die die Gewährung von Schadensersatz an diejenigen, die durch einen Verstoß gegen das Unionsrecht über öffentliche Aufträge geschädigt wurden, davon abhängig macht, dass ein Verschulden oder Arglist nachgewiesen wird, nicht aufgehoben hat2. Da sie der Ansicht war, dass Portugal diesem Urteil nicht nachgekommen sei, erhob die Kommission deshalb am 7. Februar 2006 Klage auf Festsetzung eines Zwangsgelds. In seinem Urteil vom 10. Januar 20083 hat der Gerichtshof entschieden, das Portugal seinem ersten Urteil vom 2004 nicht nachgekommen war, da die gerügte nationale Regelung immer noch nicht aufgehoben worden war. Der Gerichtshof hat Portugal daher verurteilt, der Kommission ein Zwangsgeld in Höhe von 19 392 Euro für jeden Tag des Verzugs bei der Durchführung der Maßnahmen zu zahlen, die erforderlich sind, um dem ersten Urteil von 2004, von der Verkündung des Urteils am 10. Januar 2008 an, nachzukommen.

Inzwischen hatte Portugal das am 30. Januar 2008 in Kraft getretene Gesetz 67/2007 zur Aufhebung der fraglichen nationalen Regelung und zur Einführung einer neuen Regelung zum Ersatz der vom Staat verursachten Schäden erlassen. Die Kommission war jedoch der Ansicht, dass dieses Gesetz keine angemessene und vollständige Umsetzung des Urteils von 2004 darstelle. Diese neue Entschädigungsregelung bringe das portugiesische Recht nicht in Einklang mit den Verpflichtungen Portugals aus der Richtlinie über die Anwendung der Rechtsbehelfsverfahren auf dem Gebiet der Vergabe öffentlicher Aufträge. Portugal erließ daraufhin das Gesetz 31/2008 zur Änderung des Gesetzes 67/2007, wobei es aber der Ansicht war, dass der Erlass des Gesetzes 67/2007 alle Maßnahmen umfasse, die für die Durchführung des Urteils von 2004 erforderlich seien. Das Gesetz 31/2008 trat am 18. Juli 2008 in Kraft.

Mit ihrer Entscheidung vom 25. November 2008 stellte die Kommission fest, dass das Gesetz 67/2007 keine angemessene Durchführung des Urteils von 2004 sei und dass die nationalen Behörden dem Urteil des Gerichts erst durch den Erlass des Gesetzes 31/2008 nachgekommen seien. Infolgedessen verlangte sie von Portugal die Zahlung eines Zwangsgelds in Höhe von insgesamt 3 665 088 Euro für die Zeit vom 10. Januar bis 17. Juli 2008. Portugal war der Ansicht, dass das portugiesische Recht seit dem 30. Januar 2008 – dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes 67/2007 – im Einklang mit dem Urteil von 2004 stehe, und hat daher beim Gericht die Nichtigerklärung der Entscheidung der Kommission über die Festsetzung des Gesamtbetrags des Zwangsgelds beantragt.

Das Gericht erklärt die Entscheidung der Kommission in seinem Urteil vom heutigen Tag für nichtig.

Zunächst prüft das Gericht seine Zuständigkeit für die Entscheidung über die vorliegende Klage. Hierzu stellt es fest, dass das Unionsrecht nicht die Einzelheiten der Vollstreckung eines Urteils des Gerichtshofs in einem Vertragsverletzungsverfahren festlegt, mit dem ein Mitgliedstaat zur Zahlung eines Zwangsgelds an die Kommission verurteilt wird. Auch enthält das Recht der Union keine besondere Bestimmung in Bezug auf die Behandlung der Rechtsstreitigkeiten, die zwischen einem Mitgliedstaat und der Kommission bei der Durchführung eines solchen Urteils entstehen können. Es ist jedoch, so das Gericht, Sache der Kommission, die Beträge zu erheben, die dem Haushalt der Union in Durchführung eines Urteils des Gerichtshofs geschuldet werden. Das Gericht sieht sich daher als zuständig für die Prüfung einer Klage gegen eine Entscheidung der Kommission über die Festsetzung des von dem Mitgliedstaat als Zwangsgeld geschuldeten Betrags an. Allerdings darf es, wie es klarstellt, im Rahmen der Ausübung dieser Zuständigkeit nicht in die dem Gerichtshof vorbehaltene ausschließliche Zuständigkeit für die Prüfung der Verletzung der Verpflichtungen eines Mitgliedstaats aus dem Unionsrecht eingreifen.

Sodann verweist das Gericht in Bezug auf die Begründetheit der Klage darauf, dass aus dem Urteil von 2008 hervorgeht, dass Portugal die in Rede stehende nationale Regelung hätte aufheben müssen, um dem Urteil von 2004 nachzukommen, und dass das Zwangsgeld bis zu diesem Zeitpunkt geschuldet wird. Diese Regelung wurde durch das Gesetz 67/2007, das am 30. Januar 2008 in Kraft trat, aufgehoben. Die Kommission weigerte sich jedoch, die Vertragsverletzung als zu diesem Zeitpunkt beendet anzusehen, sondern ging davon aus, dass die Vertragsverletzung am 18. Juli 2008 beendet worden sei, als das Gesetz 31/2008 in Kraft trat. Die Kommission hat damit nach Ansicht des Gerichts den Tenor des Urteils von 2008 verkannt, so dass das Gericht die Entscheidung der Kommission für nichtig erklärt.

Schließlich weist das Gericht das Vorbringen der Kommission zurück, sie sei verpflichtet gewesen, zu prüfen, ob die neue, durch den Erlass des Gesetzes 67/2007 eingeführte Regelung eine ordnungsgemäße Umsetzung des Unionsrechts dargestellt habe. Zum einen ist, so das Gericht, für eine solche Beurteilung ausschließlich der Gerichtshof zuständig, und zum anderen geht sie über eine Kontrolle hinaus, die der Feststellung dient, ob nationale Regelungen tatsächlich aufgehoben worden sind. Die Kommission konnte daher dem Urteil zufolge im Rahmen der Durchführung des Urteils von 2008 nicht entscheiden, dass das Gesetz 67/2007 nicht mit dem Unionsrecht vereinbar gewesen sei, und dann daraus die Konsequenzen für die Berechnung des vom Gerichtshof verhängten Zwangsgelds ziehen. Sofern sie der Ansicht war, dass die durch dieses Gesetz eingeführte Regelung keine ordnungsgemäße Umsetzung des Unionsrechts darstelle, hätte sie ein neues Vertragsverletzungsverfahren einleiten müssen.

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1 Urteil des Gerichtshofs vom 14. Oktober 2004, Kommission/Portugal (C-275/03).
2 Verpflichtungen aus den Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 89/665/EWG des Rates vom 21. Dezember 1989 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Anwendung der Nachprüfungsverfahren im Rahmen der Vergabe öffentlicher Liefer- und Bauaufträge (ABl. L 395, S. 33).
3 Urteil des Gerichtshofs vom 10. Januar 2008, Kommission/Portugal (C-70/06).

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HINWEIS: Gegen die Entscheidung des Gerichts kann innerhalb von zwei Monaten nach ihrer Zustellung ein auf Rechtsfragen beschränktes Rechtsmittel beim Gerichtshof eingelegt werden.

HINWEIS: Eine Nichtigkeitsklage dient dazu, unionsrechtswidrige Handlungen der Unionsorgane für nichtig erklären zu lassen. Sie kann unter bestimmten Voraussetzungen von Mitgliedstaaten, Organen der Union oder Einzelnen beim Gerichtshof oder beim Gericht erhoben werden. Ist die Klage begründet, wird die Handlung für nichtig erklärt. Das betreffende Organ hat eine durch die Nichtigerklärung der Handlung etwa entstehende Regelungslücke zu schließen.
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