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Text des Beschlusses
1 Ws 120/11;
Verkündet am: 
 09.03.2011
OLG Oberlandesgericht
 

Naumburg
Vorinstanzen:
110 Ws 85/11
Naumburg;
Rechtskräftig: unbekannt!
Strafvollstreckungskammer soll mit ihrer Entscheidung solange warten, bis der Verurteilte auch tatsächlich zeitnah infolge der Entscheidung entlassen werden könnte
Leitsatz des Gerichts:
Die Strafvollstreckungskammer ist auch dann, wenn ein oder mehrere Strafreste aufgrund Widerrufs unter Änderung der Vollstreckungsreihenfolge vorrangig vollstreckt werden und sich dadurch der Zeitpunkt einer möglichen Entlassung nicht unerheblich nach hinten verschiebt, gehalten, mit ihrer Entscheidung solange zu warten, bis der Verurteilte auch tatsächlich zeitnah infolge der Entscheidung entlassen werden könnte
In der Strafvollstreckungssache
des …

hat der 1. Strafsenat des Oberlandesgerichts Naumburg am 09. März 2011 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Krüger, den Richter am Oberlandesgericht Halves und die Richterin am Landgericht Schwick beschlossen:

Der Beschluss des Landgerichts Halle – Strafvollstreckungskammer bei dem Amtsgericht Naumburg – und die sofortige Beschwerde des Verurteilten gegen ihn werden für gegenstandslos erklärt.


Gründe:

Der Beschwerdeführer verbüßt eine Gesamtfreiheitsstrafe von 10 Monaten und zwei Restfreiheitsstrafen von 82 Tagen und von 61 Tagen in der Justizvollzugsanstalt V. .

Mit dem angefochtenen Beschluss vom 17. Januar 2011 hat die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Halle bei dem Amtsgericht Naumburg es abgelehnt, die Vollstreckung der Strafe von 10 Monaten nach Ablauf von zwei Dritteln zur Bewährung auszusetzen. Dass zum Zeitpunkt dieser Entscheidung bereits die Vollstreckung hinsichtlich der Restfreiheitsstrafe von 82 Tagen zum 03. November 2010 eingeleitet worden war, blieb ihr verborgen.

Die rechtzeitige (§ 311 Abs. 2 StPO) sofortige Beschwerde des Verurteilten ist ebenso wie der angefochtene Beschluss gegenstandslos.

Die angefochtene Entscheidung der Strafvollstreckungskammer ist zu früh erfolgt.

Nach § 454 b Abs. 3 StPO darf die Strafvollstreckungskammer die Entscheidung nach § 57 StGB erst dann treffen, wenn über die Aussetzung der Vollstreckung der Reste aller Strafen gleichzeitig entschieden werden kann. Die Strafvollstreckungskammer hat daher mit ihrer Entscheidung solange zu warten, bis der Verurteilte auch tatsächlich zeitnah infolge der Entscheidung entlassen werden könnte (vgl. OLG Hamm, 2 Ws 391/87, zitiert nach juris).

Dies muß aber auch gelten, wenn ein Strafrest – oder wie hier mehrere Strafreste - aufgrund Widerrufs unter Änderung der Vollstreckungsreihenfolge vorrangig vollstreckt werden und sich dadurch der Zeitpunkt einer möglichen Entlassung nicht unerheblich nach hinten verschiebt. Die Strafvollstreckungskammer ist auch in diesem Falle gehalten, zu einem Zeitpunkt zu entscheiden, der ihr den größtmöglichen Umfang an Entscheidungssicherheit gibt.

Dass der Gesetzgeber eine möglichst umfangreiche Ausschöpfung aller Gründe für eine Prognose nach § 57 Abs. 1 Ziffer 2 StGB gewollt hat, ergibt sich aus der Regelung des § 454 a Abs. 2 StPO für den umgekehrten Fall, dass zwischen Aussetzung des Strafrestes und Entlassung des Verurteilten negative Umstände bekannt werden, aufgrund derer eine Erprobung nicht mehr verantwortet werden kann. Dann nämlich kann das Gericht eine anerkannte Aussetzung wieder aufheben. Der Gesetzgeber hat demnach die Berücksichtigung aller Umstände bis zum Zeitpunkt der Entlassung gewollt. Für die Verwertung positiver Umstände kann daraus nur die Konsequenz gezogen werden, dass die Strafvollstreckungskammer mit ihrer Entscheidung solange zu warten hat, bis – für den Fall, dass die Erprobung verantwortet werden kann – der Verurteilte auch tatsächlich zeitnah entlassen werden kann (vgl. OLG Hamm, 2 Ws 391/87, zitiert nach juris).

Durch die Einleitung der Vollstreckung einer Restfreiheitsstrafe von 82 Tagen und – im Anschluss hieran - einer weiteren Restfreiheitsstrafe von 61 Tagen in Unterbrechung der Gesamtfreiheitsstrafe von 10 Monaten zum 03. November 2010 hat sich der Zeitpunkt, zudem der Beschwerdeführer frühestmöglich entlassen werden könnte, um annähernd 5 Monate verschoben. Positive Erkenntnismöglichkeiten über den Verurteilten werden daher der Strafvollstreckungskammer für diesen Zeitraum verschlossen.

Die Entscheidung der Strafvollstreckungskammer ist somit verfrüht und zur Unzeit erfolgt. Sie war daher für gegenstandslos zu erklären.

Damit ist auch die sofortige Beschwerde für gegenstandslos zu erklären.

Zwar bestand die Verfahrenslage schon bei Einlegung des Rechtsmittels, was in der Regel zu ihrer Verwerfung als unzulässig führt. Sie bestand aber auch schon zum Zeitpunkt der Entscheidung. Die Strafvollstreckungskammer hat ihre die Aussetzung der Vollstreckung ablehnende Entscheidung in Unkenntnis der Anschlussvollstreckung und der geänderten Vollstreckungsreihenfolge getroffen. In diesem Falle ist das Rechtsmittel nicht als unzulässig zu verwerfen, sondern ohne Kostenfolge für gegenstandslos zu erklären (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. Beschluss vom 05. Februar 2001 – 1 Ws 55/01 -; Meyer-Goßner, StPO, 53. Aufl., vor § 296 Rdn. 17 ).

gez. Krüger gez. Halves gez. Schwick
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