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Text des Beschlusses
5 W 405/10;
Verkündet am: 
 03.03.2011
OLG Oberlandesgericht
 

Jena
Vorinstanzen:
6 O 28/09
Landgericht
Gera;
Rechtskräftig: unbekannt!
Streitwert des Antrags auf Feststellung, dass der Anspruch aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung herrührt
Leitsatz des Gerichts:
§§ 5 ZPO, 48 Abs.1 GKG, 32 Abs. 2 RVG

Streitwert des Antrags auf Feststellung, dass der Anspruch aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung herrührt.
In dem Rechtsstreit
E. K.,
- Klägerin und Beschwerdeführerin -
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte E.

gegen
M. T.
- Beklagter und Beschwerdegegner -
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte G.

hat der 5. Zivilsenat des Thüringer Oberlandesgerichts in Jena durch
Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht Ross als Einzelrichterin gemäß § 568 Satz 1 ZPO am 03.03.2011 beschlossen:

1. Auf die sofortige Beschwerde der Prozessbevollmächtigten der Klägerin wird der Beschluss des Landgerichts G. vom 20.04.2010 dahingehend abgeändert, dass der Streitwert für den Rechtsstreit I.Instanz auf

14.088,82 €

(Klageantrag zu 1. = 11.271,06 €, Klageantrag zu 2. = 2.817,76 €) festgesetzt wird.

2. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

3. Wert der Beschwer : bis 700,00 €



Gründe:

1. Die Klägerin macht mit der Klage Schadensersatzansprüche aus der Vermittlung einer Kapitalanlage geltend.

Sie begehrt mit dem Klageantrag zu 1) Zahlung von 11.271,06 € nebst Zinsen, mit dem Klageantrag zu 2) die Feststellung, dass der zugesprochene Betrag aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung herrührt.

Das Landgericht G. hat der Klage im Wesentlichen stattgegeben und mit Beschluss vom 20.04.2010 den Streitwert auf 11.271,06 € festgesetzt. Zur Begründung hat das Landgericht G. ausgeführt, dass dem Feststellungsantrag kein eigener Wert zukomme, da lediglich die Vollstreckungsmöglichkeit im Hinblick auf § 850 f Abs.2 ZPO erweitert werde.

Mit Schriftsatz vom 30.04.2010, am 03.05.2010 eingegangen, haben die Prozessbevollmächtigten der Klägerin aus eigenem Recht Beschwerde gegen die Streitwertfestsetzung erhoben und eine Festsetzung eines Streitwertes für den Klageantrag zu 2) in Höhe von 80 % des Wertes zu 1), d.h. des Streitwertes auf insgesamt 18.780,37 € begehrt.

Mit Beschluss vom 05.05.2010 hat das Landgericht Gera der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt.

2. Die gemäß §§ 32 Abs.2 RVG, 68 Abs.1, 63 Abs.2 GKG statthafte, form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde der Prozessbevollmächtigten der Klägerin hat in der Sache nur zum Teil Erfolg, nämlich dass dem Feststellungsantrag ein eigener Wert in Höhe von 25 % des Hauptsachebetrages zu kommt.

Gemäß § 5 ZPO i.V.m. § 48 Abs.1 GKG sind mehrere Ansprüche dann, wenn sie wirtschaftlich unterschiedliche Streitgegenstände betreffen, zusammenzurechnen.

Die auf Zahlung gerichtete Leistungsklage und die auf Feststellung gerichtete Klage, dass der Anspruch aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung bestehe, sind als unterschiedliche Streitgegenstände anzusehen. Da der Rechtsgrund des Anspruchs nicht in jedem Fall in Rechtskraft erwächst, dieser aber auch in wirtschaftlicher Hinsicht für den Gläubiger von Bedeutung sein kann, wie noch auszuführen sein wird, geht der Senat grundsätzlich von zwei unterschiedlichen Streitgegenständen vorliegend aus.

Wie der Bundesgerichtshof bereits mehrfach entschieden hat, bemisst sich der Streitwert einer Klage, mit der die Feststellung begehrt wird, dass eine (im Insolvenzverfahren angemeldete) Forderung auf einer vorsätzlichen unerlaubten Handlung beruhe, nicht nach dem Nominalwert der Forderung, sondern nach den späteren Vollstreckungsaussichten nach Beendigung eines Insolvenzverfahren und Erteilung der Restschuldbefreiung (vgl. BGH ZIP 2009, 435 f; ZIP 2009, 2172 m.w.N.).

Wie bereits das OLG Dresden in seinen Entscheidungen vom 02.03.2007, Az.: 1 AR 11/07 und 26.10.2007, Az.: 8 W 1224/07 zudem zutreffend ausgeführt hat, ist auch außerhalb von Klagen im Rahmen eines Insolvenzverfahren dem Feststellungsantrag ein eigener wirtschaftlicher Wert beizumessen. Dieser besteht zum Einen in der erleichterten Zwangsvollstreckungsmöglichkeit im Hinblick auf § 850 f ZPO, da die Vollstreckung ohne Rücksicht auf die Pfändungsfreigrenze des § 850 c ZPO betrieben werden kann, zum Anderen in der Möglichkeit, auch nach Abschluss eines Insolvenzverfahren und der erteilten Restschuldbefreiung noch weiterhin die Forderung geltend machen zu können. Hinzu kommt, dass gerade auch eine Vollstreckung im Ausland erleichtert wird, wenn sich aus dem Titel selbst die Art des Anspruchs ergibt.

Hinsichtlich der Bemessung des Wertes in Anlehnung an den Nominalwert der Forderung ist die Rechtsprechung sehr uneinheitlich. Bereits die genannten Entscheidungen differieren sehr stark. Während der BGH in den genannten Fällen von einem Abschlag von 75 % (= Streitwert in Höhe von 25 % des Hauptsachebetrages) ausgeht, bejaht das OLG Dresden in der Entscheidung 1 AR 11/07 – ohne nähere Begründung -einen Streitwert in Höhe von 80 % der Forderung und in der Entscheidung 8 W 1224/07 einen solchen von „allenfalls“ 5 %.

Das OLG München bemisst in seinem Beschluss vom 25.09.2009, Az.: 24 U 94/09, den Streitwert auf 50 % des Hauptsachebetrages, das OLG Stuttgart in dem Beschluss vom 28.04.2010, Az.: 3 U 6/10, auf 25 % des Hauptsachebetrages, während das OLG Stuttgart in dem Beschluss vom 16.12.2008, Az.: 7 W 79/08, eine Erhöhung des Streitwertes dann, wenn sowieso nur Ansprüche aus unerlaubter Handlung im Raum stehen, gänzlich ablehnt.

Vorliegend ist zu berücksichtigen, dass der Schuldner seinen Wohnsitz in die Schweiz, bzw. nach dem Senat aus einem anderen Verfahren vorliegenden Informationen nach England, verlegt hat. Angesichts der im Ausland zu erfolgenden Vollstreckung rechtfertigt die Tatsache, dass der gesonderte, in Rechtskraft möglicherweise erwachsende Urteilsausspruch die Feststellung der Rechtsnatur des zugesprochenen Anspruchs als aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung herrührend enthält, dass diesem ein eigenständiger, nicht zu niedrig zu bemessender Wert zukommt. Gerade im Hinblick auf die in England bestehende Möglichkeit der Restschuldbefreiung bereits nach einem wesentlich kürzeren Zeitraum als in Deutschland ( in der Regel bereits 1 Jahr nach Verfahrenseröffnung im Gegensatz zu der in Deutschland allein schon erforderlichen 6jährigen Wohlverhaltensphase), die allerdings nicht bei Ansprüchen aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung besteht, kommt dem der Vollstreckung zugrundeliegenden Urteilsausspruch eine besondere Bedeutung zu, da die Urteilsgründe nicht zwangsläufig in Rechtskraft erwachsen und damit nicht ohne Weiteres bei der Vollstreckung zu berücksichtigen sind.

Der Senat hält zwar grundsätzlich die Entscheidung des Oberlandesgerichts Dresden vom 26.07.2010, Az.: 8 W 1224/07 (veröffentlicht in MDR 2008, 50) in Fällen ohne Auslandsbezug für gerechtfertigt. Vorliegend muss aber im Hinblick auf den Aufenthaltsort des Schuldners im Ausland der für den Gläubiger bestehende wirtschaftliche Vorteil des Feststellungsausspruchs höher bewertet werden. Allerdings darf auch in diesem Fall nicht übersehen werden, dass der Gläubiger maximal den Betrag des Leistungsantrags beitreiben kann. Entgegen der Ansicht des Klägervertreters ist daher keinesfalls eine Erhöhung des Streitwertes um 80 % der Hauptforderung gerechtfertigt, sondern allenfalls um 25 %.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 68 Abs.3 GKG.

Eine weitere Beschwerdemöglichkeit, Rechtsbeschwerde, ist nicht statthaft, §§ 68 Abs.1 Satz 5, 66 Abs.3 Satz 3 GKG.

Ross
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