Mi, 7. Mai 2025, 17:04    |  Login:  User Passwort    Anmelden    Passwort vergessen
Arbeitsplattform NEWS URTEILE GESETZE/VO KOMMENTARE VIDEOS SITEINFO/IMPRESSUM NEWSLETTER
Achtung! Die Seite wird derzeit nicht aktualisiert. Die Inhalte sind im wesentlichen auf dem Stand 31.12.2011
Text des Urteils
7 Sa 896/10;
Verkündet am: 
 18.02.2011
LAG Landesarbeitsgericht
 

München
Vorinstanzen:
32 Ca 151/10
Arbeitsgericht
München;
Rechtskräftig: unbekannt!
Erfolglose Berufung gegen eine einen Feststellungsantrag gegen eine zulässige sachgrundlose Befristung zurückweisende Entscheidung
Leitsatz des Gerichts:
Erfolglose Berufung gegen eine einen Feststellungsantrag gegen eine zulässige sachgrundlose Befristung zurückweisende Entscheidung. Der Klägerin ist nicht gelungen vorzutragen und zu beweisen, dass die Beklagte ihr Arbeitsverhältnis allein wegen ihrer Wahl zum Ersatzmitglied des Betriebsrats nicht entfristet hat. Die Richtlinie 2002/14/EG verlangt nicht die Entfristung sachgrundlos befristeter Arbeitsverhältnisse nach Wahl der Arbeitnehmerin in den Betriebsrat.
In dem Rechtsstreit

A.
A-Straße, A-Stadt
- Klägerin und Berufungsklägerin -
Prozessbevollmächtigte/r:
Rechtssekretäre B.
B-Straße, B-Stadt


gegen
Firma C.
C-Straße, C-Stadt
- Beklagte und Berufungsbeklagte -
Prozessbevollmächtigte/r:
Rechtsanwälte Dr. D.
D-Straße, D-Stadt

hat die 7. Kammer des Landesarbeitsgerichts München auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 18. Februar 2011 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dr. Gericke und die ehrenamtlichen Richter Zahn und Steiner für Recht erkannt:

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 15.07.2010 – Az.: 32 Ca 151/10 – wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.



Tatbestand:

1. Die Parteien streiten auch in der Berufung über die Wirksamkeit der Befristung des zwischen ihnen bestehenden Arbeitsverhältnisses, die Weiterbeschäftigung der Klägerin und Berufungsklägerin (künftig: Klägerin) und um Annahmeverzugsvergütung.

2. Die Klägerin ist für die Beklagte und Berufungsbeklagte (künftig: Beklagte), ein Unternehmen des Sicherheitsgewerbes mit in der Regel mehr als zehn vollzeitbeschäftigten ArbeitnehmerInnen, auf der Grundlage des befristeten Arbeitsvertrags vom 11.07.2006 seit 12.07.2006 in deren Betrieb in Eching tätig gewesen. Aufgrund des ersten bis 31.07.2007 befristeten Arbeitsvertrags ist sie als Geld- und Wertpapiertransportfahrerin eingesetzt gewesen. Hinsichtlich des Vertrags, in dessen Ziffer 6 die Geltung des Mantelrahmentarifvertrags sowie der Mantel- und Lohntarifverträge vereinbart worden ist, die zwischen der Gewerkschaft E und dem Bundesverband F geschlossen worden waren, wird auf die Anlage zur Klage vom 04.01.2010 (Bl. 21/25 d.A.) Bezug genommen.

3. Mit Verlängerungsabrede vom 01.03.2007 (Bl. 26 d.A.) haben die Parteien ihr Arbeitsverhältnis zu im Übrigen unveränderten Bedingungen bis zum 31.07.2008 verlängert.

4. Mit Verlängerungsabrede vom 08.04.2008 (Bl. 27 d.A.) haben die Parteien ihr Arbeitsverhältnis zu im Übrigen unveränderten Bedingungen bis zum 11.01.2010 verlängert.

5. Der Manteltarifvertrag für das Wach- und Sicherheitsgewerbe für die F. (Bl. 29/31 d.A.) enthält folgende Regelung:

„Die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrages ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes ist bis zur Dauer von 42 Monaten zulässig. Bis zu dieser Gesamtdauer ist die höchstens viermalige Verlängerung eines kalendermäßig befristeten Arbeitsvertrages zulässig…..Diese Regelung gilt nicht für befristete Arbeitsverhältnisse, die am 31.08.2005 bereits bestanden.“

6. Im Oktober 2009 haben im Betrieb der Beklagten in Eching Wahlen zum Betriebsrat stattgefunden. Die Klägerin ist nicht in das Gremium, jedoch als dessen Ersatzmitglied gewählt worden. Sie hat seitdem an sieben von acht Sitzungen des Betriebsrats teilgenommen.

7. Das Arbeitsverhältnis der Klägerin hat aufgrund der Befristungsabrede vom 08.04.2008 mit Ablauf des 11.01.2010 sein Ende gefunden. Die Beklagte hat ihr einen weiteren befristeten oder einen unbefristeten Arbeitsvertrag über den 11.01.2010 hinaus nicht angeboten; dies hat sie auch bei einem Betriebsratsmitglied nicht getan, wohl aber bei dem Betriebsratsmitglied G am 30.04.2010 und bei dem Ersatzmitglied des Betriebsrats H zum selben Zeitpunkt.

8. Bei der Beklagten sind in dem Zeitraum von September 2009 bis Januar 2010 zahlreiche ArbeitnehmerInnen aufgrund Ablaufs ihrer befristeten Arbeitsverhältnisse oder durch Arbeitgeberkündigung ausgeschieden (vgl. etwa Auflistung = Bl. 58. 146, 147 d.A.).

9. Die Klägerin hat mit ihrer am 04.01.2010 beim Arbeitsgericht München (künftig: Arbeitsgericht) eingegangenen Klage die Feststellung der Unwirksamkeit der Befristung ihres Arbeitsverhältnisses und ihre Weiterbeschäftigung als Geld- und Wertpapiertransportfahrerin zu unveränderten arbeitsvertraglichen Bedingungen begehrt.

10. Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die Befristung sei unwirksam, weil die Voraussetzungen des TzBfG nicht vorlägen und ein sachlicher Grund nicht bestehe. Die Befristungen ihres Arbeitsverhältnisses seien entgegen ihren Interessen erfolgt. Die Beklagte habe mit der Befristungsabrede vom 11.07.2006 die nach dem Manteltarifvertrag höchstzulässige Befristungsdauer überschritten. Zulässig sei nur eine Höchstbefristung bis zum 10.01.2010 gewesen, nicht aber eine bis zum 11.01.2010. Denn für den Beginn des Arbeitsverhältnisses komme es nicht auf den Tag der Arbeitsaufnahme, sondern den des Arbeitsvertragsabschlusses an. Sie sei seit Oktober 2009 ein ordentlich gewähltes Betriebsratsmitglied. Eine Verlängerung ihres befristeten Arbeitsverhältnisses sei ihr wegen ihrer Betriebsratstätigkeit verweigert worden. In Rahmen des Benachteiligungsverbots gemäß 78 S. 2 BetrVG sei dies unzulässig.

11. Im Zeitraum September 2009 bis Januar 2010 sei bei neun ArbeitnehmerInnen der befristete Arbeitsvertrag ausgelaufen (vgl. Auflistung = Bl. 44 d.A.). Die Beklagte habe die Arbeitsverhältnisse von sieben ArbeitnehmerInnen entfristet, Die beiden nicht entfristeten Arbeitsverhältnisse beträfen bezeichnenderweise sie und ein weiteres Betriebsratsmitglied, nämlich Herrn I.

12. Außerdem seien im Zeitraum seit September 2009 dreizehn befristete Arbeitsverhältnisse befristet verlängert worden (vgl. Auflistung = Bl. 44/45 d.A.) und dreizehn ArbeitnehmerInnen neu eingestellt worden (vgl. Auflistung = Bl. 46/47 d.A.). Es sei bei der Beklagten üblich, befristete Arbeitsverhältnisse nach Erreichung der Höchstbefristungsdauer zu entfristen. Wenn eine solche Entfristung bei ihr unterblieben sei, dann allein wegen ihres Amtes als Ersatzmitglied des Betriebsrats. Dass das weitere Ersatzmitglied des Betriebsrats Frau H eine Entfristung erhalten habe, hänge wohl mit deren persönlichem Verhältnis zu einem Vorgesetzten zusammen.

13. Die Arbeitsverhältnisse der neun im Zeitraum September 2009 bis Januar 2010 ausgeschiedenen ArbeitnehmerInnen hätten aus ganz anderen Gründen geendet. Auch seien diese ArbeitnehmerInnen in anderen Abteilungen als sie beschäftigt gewesen.

14. Zu den behaupteten Vertragsstörungen hat die Klägerin vorgetragen, der Privateinkauf an der Tankstelle sei nicht aus Anlass eines außerplanmäßigen Halts erfolgt, sondern beim Auftanken des Fahrzeugs. Damals seien die Fahrzeuge der Beklagten noch während de Touren zu betanken gewesen. Frau J habe ihr überdies gesagt, sie dürfe unterwegs während der Touren Brotzeit einkaufen. Den Kfz-Schaden habe nicht sie verursacht, sie sei lediglich Beifahrerin gewesen. Die Verspätungen habe sie nicht selbst verschuldet. Da sie damals in einer Fahrgemeinschaft mit Frau K von dieser zur Arbeit gefahren worden sei, habe sie keinen Einfluss auf die Anfahrtstermine ausüben können. Bei den Personalgesprächen sei es um Frau K gegangen, die sich als nicht kundenfreundlich gezeigt habe. Alle KollegInnen seien stets gern mit ihr, der Klägerin, gefahren.

15. Die Klägerin hat vor dem Arbeitsgericht beantragt,

1. es wird festgestellt dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht aufgrund der am 08.04.2008 vereinbarten Befristung am 11.01.2010 beendet worden ist;

2. im Fall des Obsiegens mit dem Antrag zu 1. wird die Beklagte verurteilt, die Klägerin bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens zu unveränderten Bedingungen arbeitsvertraglichen Bedingungen als Geld- und Wertpapiertransportfahrerin weiterzubeschäftigen.

3. Die Beklagte wird verurteilt, € 9.239,42 brutto abzüglich € 3.176,76 netto nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB seit Rechtshängigkeit an die Klägerin zu zahlen.

4. Die Beklagte wird verurteilt, € 7.017,28 brutto abzüglich € 2.762,40 netto nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB seit Rechtshängigkeit an die Klägerin zu zahlen.

Die Beklagte hat erstinstanzlich beantragt,

die Klage abzuweisen.

16. Die Beklagte hat vor dem Arbeitsgericht zur Begründung ihres Antrags vorgetragen, sie halte die Befristung des Arbeitsverhältnisses mit der Klägerin zum 11.01.2010 für wirksam. Für die Berechnung der höchstzulässigen Dauer einer Befristung gemäß Manteltarifvertrag komme es nicht auf den Tag der Unterzeichnung des Arbeitsvertrags, sondern auf den der Arbeitsaufnahme und damit des Beginns des Arbeitsverhältnisses an; dies aber sei ausweislich Ziff. 1. des Arbeitsvertrags vom 11.07.2006 der 12.07.2006 gewesen.

17. Sie bestreite die von der Klägerin behauptete durchschnittliche Höhe der Monatsvergütung der Klägerin. Im Jahr 2009 habe die Klägerin ein Durchschnittseinkommen von € 3.411,05 monatlich erzielt.

18. Eine Benachteiligung der Klägerin wegen ihres Amtes als Ersatzmitglied des Betriebsrats liege nicht vor, ebenso wenig eine Maßregelung im Sinne von § 612 a BGB. Sie bestreite, dass es zu von ihr veranlassten tumultartigen Vorkommnissen während der Veranstaltung zur Wahl eines Wahlvorstands gekommen sei. Die Klägerin sei damals zum Ersatzmitglied des Betriebsrats gewählt worden. Da es sich aber um eine Listenwahl gehandelt habe, könne sie nicht erstes Ersatzmitglied sein. Im Januar 2010 habe die Klägerin als einzige Arbeitnehmerin zur Entfristung angestanden. Daher gebe es keine unmittelbar vergleichbaren Fälle. Zudem sei unter den ArbeitnehmerInnen, deren Arbeitsverhältnisse sie wie von der Klägerin geschildert entfristet habe, ebenfalls ein Ersatzmitglied des Betriebsrats gewesen, nämlich Frau H. Sie habe sich nicht wegen deren betriebsverfassungsrechtlicher Ämter gegen eine Entfristung der Arbeitsverhältnisse der Klägerin und des Betriebsratsmitglieds I entschieden, sondern weil sie mit deren Leistung und Verhalten unzufrieden gewesen sei.

19. So habe sie der Klägerin mit Schreiben vom 11.07.2008 (Bl. 72 d.A.) eine Abmahnung aussprechen müssen, weil die Klägerin zum wiederholten Mal entgegen der Verfahrensanweisung der Beklagten während einer GWT-Tour einen privaten Einkauf getätigt und damit unnötigerweise das Überfallrisiko gegenüber dem Fahrzeug und sich selbst erhöht habe.

20. Mit Schreiben vom 15.12.2008 (Bl. 73 d.A.) habe sie die Klägerin durch eine Ermahnung auf deren Pflichten als Beifahrerin nach einem Unfall beim Rückwärtsfahren des Dienstfahrzeugs hinweisen müssen, in dem die Klägerin als Beifahrerin gesessen habe.

21. Mit Schreiben vom 26.01.2009 (Bl. 74 d.A.9 habe sie die Klägerin wegen mehrerer Verspätungen beim Arbeitsantritt abmahnen müssen.

22. In der Folge habe es mehrere Personalgespräche mit der Klägerin wegen Kunden-und MitarbeiterInnenbeschwerden gegeben. Wegen mangelhafter Teamfähigkeit der Klägerin hätten zunehmend weniger ArbeitnehmerInnen mit ihr fahren wollen.

23. Es habe auch bei dem Betriebsratsmitglied I sachliche Gründe gegeben, aus denen der Vertrag ihm nicht weiterhin verlängert worden sei. Diese Gründe hätten mit dessen Betriebsratstätigkeit in keinem Zusammenhang gestanden. Die mit Schreiben vom 18.06.2009 gegenüber Herrn I abgemahnte Nutzung des Internetzugangs zu privaten Zwecken während der Arbeitszeit, vornehmlich zu Spielzwecken, hätte sie zur Kündigung berechtigt; sie aber habe sich kulanterweise damals auf die Ablösung von Herrn I als Einsatzleiter beschränkt. Auch danach sei das Arbeitsverhältnis nicht reibungslos verlaufen, wie die Hinweise über die Quittierung der Dienstwaffe zeigten. Zudem sei Herr I nicht unerheblich wegen Arbeitsunfähigkeit ausgefallen.

24. Mit Endurteil vom 15.07.2010, auf das hinsichtlich seiner tatsächlichen Feststellungen und rechtlichen Erwägungen im Übrigen Bezug genommen wird, hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen.

Zur Begründung hat das Arbeitsgericht im Wesentlichen ausgeführt, Die Klage sei zulässig, aber unbegründet.

25. Die Klage habe in der Sache keinen Erfolg. Die Befristung des Arbeitsverhältnisses der Klägerin zum 11.01.2010 sei gemäß § 14 Abs. 2 S. 1, 3 und 4 TzBfG in Verbindung mit § 2 Nr. 6 des Manteltarifvertrags für das Wach und Sicherheitsgewerbe für die F. vom 01.02.2006 (MRTV) wirksam, ihre Beschäftigung über den Ablauf des 11.01.2010 hinaus komme daher nicht in Betracht.

26. Nach der gesetzlichen Regelung könne die Höchstbefristungsdauer für eine kalendermäßige Befristung von Arbeitsverhältnissen ohne Sachgrund durch Tarifvertrag vom Gesetz abweichend geregelt werden; eine derartige Tarifregelung könne von nicht tarifgebundenen Arbeitgebern und ArbeitnehmerInnen im Geltungsbereich des Tarifvertrags vertraglich vereinbart werden. Die Tarifvertragsparteien hätten von der Abweichungsmöglichkeit Gebrauch gemacht und die Höchstbefristungsdauer mit 42 Monaten festgelegt.

27. Das Arbeitsverhältnis der Parteien habe aufgrund wirksamer Befristung mit Ablauf des 11.01.2010 geendet. Die verlängernde Vereinbarung über die weitere Befristung des Arbeitsverhältnisses der Parteien vom 08.04.2008 sei wirksam, denn sie halte die Höchstbefristungsdauer von 42 Monaten gemäß MRTV ein. Für die Berechnung der Höchstbefristungsdauer komme es auf den Beginn des Arbeitsverhältnisses an, nicht auf den Tag des Arbeitsvertragsabschlusses.

28. Der somit wirksamen Befristung stehe auch nicht das Benachteiligungsverbot des 78 S. 2 BetrVG entgegen, nach dem Betriebsratsmitglieder nicht wegen ihrer Betriebsratstätigkeit benachteiligt oder begünstigt werden dürften. Die Vorschrift setze voraus, dass ein Betriebsratsmitglied benachteiligt werde, also schlechter als die Gruppe vergleichbarer ArbeitnehmerInnen behandelt werde, und diese Schlechterbehandlung allein auf sein Betriebsratsamt zurückzuführen sei. Dies sei dann der Fall, wenn die unterschiedliche Behandlung nicht auf andere Gründe als die Betriebsratstätigkeit gestützt werde.

29. Im vorliegenden Fall fehle es bereits an der Darlegung der Schlechterbehandlung der Klägerin gegenüber den vergleichbaren ArbeitnehmerInnen. In der von der Klägerin benannten Gruppe von ArbeitnehmerInnen, deren Arbeitsverhältnisse entfristet worden seien, befinde sich auch das Ersatzmitglied des Betriebsrats Frau H. Auch sie habe wie die Klägerin die Höchstbefristungsdauer von 42 Monaten erreicht. Daraus ergebe sich unmittelbar, dass die Beklagte die Klägerin nicht allein wegen deren Ersatzmitgliedschaft im Betriebsrat ungleich behandelt habe. Mit der von der Klägerin nachgeschobenen vagen Behauptung, Frau A sei wohl wegen deren persönlichen Verhältnisses zu einem Vorgesetzten entfristet worden, könne das Gericht nichts anfangen. Die von der Klägerin aufgeführte zweite (Verlängerung befristeteter Arbeitsverhältnisse) und dritte (Neubegründung von Arbeitsverhältnissen) Gruppe von ArbeitnehmerInnen sei jeweils mit der Klägerin nicht vergleichbar. Irgendein nachvollziehbarer Sachvortrag der Klägerin zu einer Maßregelung gemäß § 612 a BGB fehle.

30. Gegen dieses ihr am 10.08.2010 zugestellte Endurteil des Arbeitsgerichts wendet sich die Klägerin mit ihrer am 09.09.2010 eingelegten und am 11.11.2010 innerhalb verlängerter Frist begründeten Berufung.

31. Zur Begründung ihres Rechtsmittels führt der Klägerin im Wesentlichen unter Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vortrags aus, die Nichtverlängerung ihres befristeten Arbeitsverhältnisses verstoße gegen §§ 78 BetrVG, 612 a BGB, da sie seit Oktober 2009 Betriebsratsmitglied sei.

32. Außerdem sei mit der letzten Befristungsabrede die tarifvertraglich mögliche Höchstbefristungsdauer überschritten. Es komme für deren Berechnung nämlich nicht auf den Tag der vorgesehenen Arbeitsaufnahme an, sondern auf den der Arbeitsvertragsunterzeichnung.

33. Die Auffassung des Arbeitsgerichts, sie sei durch die Nichtentfristung ihres Arbeitsverhältnisses nicht wegen ihres betriebsverfassungsrechtlichen Amtes benachteiligt worden, sei unzutreffend. Von den drei vom Arbeitsgericht gebildeten ArbeitnehmerInnengruppen (entfristete Arbeitsverhältnisse, Befristungsverlängerungen, Neueinstellungen, Anm. d. Verf.) seien die letzten zwei primär dafür interessant, dass die Beklagte keine wirtschaftlichen Gründe gehabt habe, das Arbeitsverhältnis mit ihr nicht fortzuführen.

34. Das Ersatzmitglied des Betriebsrats Frau H aus der ersten Gruppe, deren Arbeitsverhältnis entfristet worden sei, sei mit ihr, der Klägerin, nicht vergleichbar. Denn Frau H sei mit dem Einsatzleiter der Beklagten L liiert. Einsatzleiter würden gefragt, wer verlängert bzw. entfristet werden könne. Auch habe Frau H größere krankheitsbedingte Ausfälle gehabt. Dennoch sei sie entfristet worden. Daraus ergebe sich, dass die Beziehung zu Herrn L Grund für die Entfristung des Arbeitsverhältnisses von Frau H gewesen sei.

35. Die Befristung ihres Arbeitsverhältnisses verstoße zudem gegen Art. 7 der EG-Richtlinie 2002/14 EG, der laute:

„Die Mitgliedsstaaten tragen dafür Sorge, dass Arbeitnehmervertreter bei der Ausübung ihrer Funktion einen ausreichenden Schutz und ausreichende Sicherheiten genießen, die es ihnen ermöglichen, die ihnen übertragenen Aufgaben in angemessener Weise wahrzunehmen.“

36. Die Richtlinie hätte bis 23.03.2005 in deutsches Recht umgesetzt werden müssen. Daher könne sie verlangen, dass die Richtlinie direkt vom Gericht herangezogen werde. Ein ausreichender Schutz eines befristet beschäftigten Ersatzmitglieds des Betriebsrats könne nur durch eine Entfristung seines Arbeitsverhältnisses gewährleistet werden. Die Beschäftigungsmöglichkeit für sie sei vorhanden. Die sachgrundlose Befristung diene nur der Erprobung der Arbeitnehmerin durch den Arbeitgeber oder der Ausnutzung der Möglichkeit, Arbeitsverhältnisse sachgrundlos zu befristen. Das Arbeitsgericht München – Kammer Ingolstadt – habe mit Urteil vom 08.10.2010 – Az.: 24 Ca 861/10 - bereits in der von ihr für zutreffend gehaltenen Weise entschieden.

37. Mit ihrem Hilfsantrag mache sie die aus den Bezügen von Januar bis November 2009 errechneten durchschnittlichen Bezüge aus dem Rechtsgrund des Annahmeverzugs für den Zeitraum 12.01.2010 bis 30.05.2010 in Höhe von monatlich 2.800,00 € brutto abzüglich für diesen Zeitraum erhaltenen Arbeitslosengeldes geltend.

38. Ergänzend zum Vortrag der Klägerin in der Berufung wird auf deren Schriftsätze vom 10.11.2010 (Bl. 133/137 d.A.) und 01.02.2011 (Bl. 162 d.A.) Bezug genommen.

39. Die Klägerin beantragt in der Berufung,

1. das Urteil des Arbeitsgerichts München vom 15.07.2010, Az.: 32 Ca 151/10, wird abgeändert:

2. Es wird festgestellt dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht aufgrund der am 08.04.2008 vereinbarten Befristung am 11.01.2010 beendet worden ist;

3. im Fall des Obsiegens mit dem Antrag zu 1. wird die Beklagte verurteilt, die Klägerin bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens zu unveränderten Bedingungen arbeitsvertraglichen Bedingungen als Geld- und Wertpapiertransportfahrerin weiterzubeschäftigen.

4. Die Beklagte wird verurteilt, € 9.239,42 brutto abzüglich € 3.176,76 netto nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB seit Rechtshängigkeit an die Klägerin zu zahlen.

5. Die Beklagte wird verurteilt, € 7.017,28 brutto abzüglich € 2.762,40 netto nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB seit Rechtshängigkeit an die Klägerin zu zahlen.

Hilfsweise für den Fall des Unterliegens mit den Anträgen zu 4.) und 5.) beantragt die Klägerin:

die Beklagte wird verurteilt, € 16.106,47 brutto abzüglich € 5.939,16 netto nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB seit Rechtshängigkeit an die Klägerin zu zahlen.

Die Beklagte beantragt in der Berufung,

die Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.

40. Zur Begründung ihres Antrags führt die Beklagte aus, das Urteil des Arbeitsgerichts halte den Angriffen der Berufung stand. Für die Berechnung der Höchstbefristungsdauer komme es allein auf den Beginn des Arbeitsverhältnisses an, nicht auf den Tag der Unterzeichnung des Arbeitsvertrags; dies entspreche der einhelligen Auffassung in der einschlägigen Literatur. Im Hinblick auf § 612 a BGB sei die Berufung der Klägerin bereits unzulässig, weil sie sich nicht mit dem Endurteil des Arbeitsgerichts auseinandergesetzt habe. Aber auch § 78 BetrVG könne sie zur Begründung ihrer Berufung nicht heranziehen. Die Klägerin sei lediglich Ersatzmitglied des Betriebsrats und falle deshalb nicht unter den Schutzbereich des § 78 BetrVG. Sie habe lediglich am 10.10.2009, 31.10.2009, 24.11.2009, 08.12.2009, möglicherweise am 29.12.2009 und noch am 16.11.2009 an Betriebsratssitzungen teilgenommen. Wegen Vorrangs der Vertragsfreiheit komme der Gleichbehandlungsgrundsatz zur Begründung eines Anspruchs der Klägerin auf Entfristung ihres Arbeitsverhältnisses ebenfalls nicht in Frage. Die von der Klägerin aufgeführten ArbeitnehmerInnen, deren Arbeitsverhältnisse entfristet worden seien, seien keineswegs die einzigen gewesen. Auch das Arbeitsverhältnis des Betriebsratsmitglieds G habe sie um ein weiteres Jahr bis 31.05.2011 verlängert. Es möge sein, dass das weitere Ersatzmitglied des Betriebsrats der Beklagten Frau H mit einem der vier Einsatzleiter der Beklagten liiert sei. Dies sei jedoch kein Entscheidungskriterium für die Beklagte gewesen, ihr Arbeitsverhältnis zu entfristen. Vielmehr sei sie mit den Leistungen von Frau H zufrieden gewesen, was sie im Hinblick auf die Leistungen der Klägerin nicht sagen könne.

41. Im Zeitraum September 2009 bis Januar 2010 seien auch noch weitere vierzehn Arbeitsverträge ausgelaufen, die die Höchstbefristungsgrenze erreicht hätten (vgl. Auflistung = Bl. 146 d.A.). Weiter habe es in diesem Zeitraum acht Fälle (vgl. Auflistung = Bl. 147 d.A.) gegeben, in denen sie eine noch mögliche Verlängerung von Befristungen nicht vorgenommen habe. Auch nach dem 10.01.2010 seien in weiteren zwölf Fällen (Auflistung = Bl. 147 d.A.) Arbeitsverträge nicht verlängert oder nicht entfristet worden.

42. Außerdem stünden ihr sachliche Gründe für die Nichtverlängerung der Befristung des Arbeitsverhältnisses der Klägerin zur Seite, die die Klägerin nicht widerlegen könne. Der abweichende Vortrag der Klägerin werde bestritten.

43. Nur in absoluten Ausnahmefällen dürften Fahrzeuge während der Tour betankt werden, wenn sie nämlich sonst die Strecke bis zum Ausgangsort nicht mehr bewältigen könnten. Dies sei allen FahrerInnen mündlich bei deren Einweisung mitgeteilt worden. Eine Erlaubnis, eine Verkaufsstelle allein wegen einer Brotzeit anzufahren, habe Frau J der Klägerin nicht erteilt. Die Klägerin sei bereits zuvor wegen Aufsuchens einer Lottoannahmestelle während einer Tour von Frau J ermahnt worden.

44. Wegen des Rangierschadens vom 05.12.08 sei die Klägerin als Beifahrerin ermahnt worden. Insoweit habe sie den Vortrag der Beklagten nicht bestritten.

45. Die Verspätungen habe die Klägerin nicht bestritten. Sie könne diese aber nicht wegen der Fahrgemeinschaft mit Frau K entschuldigen, da die beiden Damen am 05.01.2009, 07.01.2009 und 09.01.2009 wegen unterschiedlicher Arbeitbeginnzeiten gar nicht gemeinsam gefahren sein könnten.

46. Die wiederholten Personalgespräche mit der Klägerin hätte sie wegen deren Fehlverhalten geführt, nicht wegen eines Fehlverhaltens von Frau K. Da Frau K eine weitere Zusammenarbeit mit der Klägerin ebenso wie anderen ArbeitnehmerInnen abgelehnt habe, Frau K aber einen Arbeitsvertrag auf unbestimmte Zeit besitze, habe sie das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin auslaufen lassen.

47. Aus der Richtlinie 2002/14/EG § 7 könne die Klägerin keinen Entfristungsanspruch herleiten. Dort werde nur ein funktionsadäquater Schutz der Amtsträger gefordert, um ihnen die Wahrnehmung ihrer Unterrichtungs- und Anhörungsrechte zu gewährleisten.

48. Wegen wirksamer Beendigung des Arbeitsverhältnisses besitze die Klägerin ihr gegenüber weder einen Weiterbeschäftigungs- noch einen Zahlungsanspruch aus Annahmeverzug. Die Höhe derartiger Ansprüche bestreite sie nach wie vor als unrichtig errechnet.

49. Ergänzend zum Vortrag der Beklagten in der Berufung wird auf deren Schriftsätze vom 10.12.2010 (Bl. 139/155 d.A.) und 15.02.2011 (Bl. 169/170 d.A.) verwiesen.


Entscheidungsgründe:

50. Die gemäß § 64 Abs.2 lit. b) und c) statthafte und auch in der richtigen Form und rechtzeitig (§ 64 Abs. 6 S. 1 ArbGG, §§ 519 Abs. 2, 520 Abs. 3 ZPO, § 66 Abs. 1 S. 1, 2 und 5 ArbGG) eingelegte und begründete Berufung der Klägerin gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 15.07.2010 – Az.: 32 Ca 151/10 - bleibt erfolglos. Das Berufungsgericht schließt sich der sorgfältigen und ausführlichen Begründung des Arbeitsgerichts München im Ergebnis und in Teilen seiner Begründung an.

51. Im Hinblick auf die Geltendmachung einer verbotenen Maßregelung durch die Nichtentfristung ihres Arbeitsverhältnisses ist die Berufung der Klägerin bereits unzulässig, da sie dazu weder im ersten noch im zweiten Rechtszug Substantielles vorgetragen noch sich mit den Gründen des Endurteils des Arbeitsgerichts zu diesem Thema in ihrer Berufungsbegründung auseinandergesetzt hat.

52. Das Arbeitsverhältnis der Parteien hat durch die wirksame sachgrundlose Befristung ihres Arbeitsverhältnisses mit Ablauf des 11.01.2010 sein Ende gefunden.

53. Die Befristung ist nach §§ 14 Abs. 2 S. 1 und 3 TzBfG i.V.m. § 2 Nr. 6 des Mantelrahmentarifvertrags für das Wach- und Sicherheitsgewerbe für die F. vom 01.12.2006 (im Weiteren: MRTV) ohne Sachgrund zulässig. Die Regelung des Mantelrahmentarifvertrags gilt zwischen den Parteien, da sie die Anwendbarkeit des Tarifvertrags in Ziffer 6 des Arbeitsvertrags vom 11.07.2006 vereinbart haben, § 14 Abs. 2 S. 4 TzBfG. Weder ist der Tarifvertrag gekündigt noch würde seine Kündigung dessen Anwendbarkeit ausschließen, da in diesem Fall die Nachwirkung nach § 4 Abs. 5 TVG eingriffe.

54. § 2 Ziffer 6 des MRTV erlaubt eine Befristung von bis zu 42 Monaten. Im Fall der Klägerin war diese Zeitspanne bei Abschluss des zweiten befristeten Arbeitsvertrags noch nicht abgelaufen, auch die Laufzeit des zweiten befristeten Arbeitsvertrags liegt noch innerhalb des durch den Tarifvertrag erlaubten Zeitrahmens. Das Arbeitsverhältnis der Parteien hat am 12.07.2006 begonnen und am 11.01.2010 geendet. Es hat somit genau zweiundvierzig Monate gedauert.

55. Die sachgrundlose Befristung ist nicht deswegen unwirksam, weil die Parteien den Arbeitsvertrag bereits am 11.07.2006 unterzeichnet haben. Für den Beginn des Arbeitsverhältnisses kommt auf den vertraglich vereinbarten Tag der erstmaligen Arbeitsaufnahme an. Dies ist der 12.07.2006 gewesen. Diese Auffassung der erkennenden Berufungskammer entspricht der von der Beklagten zutreffend zitierten allgemeinen Meinung in der Literatur (Bl. 140 d.A.).

56. Die Klägerin kann sich auch nicht auf eine Unwirksamkeit der Befristung wegen §§ 78 BetrVG, 612 a BGB berufen, weil sie nicht durch die Nichtverlängerung ihres befristeten Arbeitsvertrags wegen ihres Amtes als Betriebsratsersatzmitglied von der Beklagten benachteiligt worden ist. § 78 schützt Betriebsratsmitglieder und amtierende Ersatzmitglieder des Betriebsrats (vgl. Fitting – Engels – Schmidt – Trebinger – Linsenmaier, BetrVG-Kommentar, 25. Auflage B-Stadt 2010, § 78 Rn. 2). Gleichwohl kann ach Auffassung der erkennenden Berufungskammer eine analoge Anwendung der Vorschrift in Frage kommen, wenn ein Ersatzmitglied des Betriebsrats wegen seiner Amtsausübung in Fällen des Nachrückens zu einem Zeitpunkt benachteiligt wird, in dem es gerade nicht amtiert.

57. Zwar ist es möglich, dass die Nichtverlängerung eines befristeten Arbeitsverhältnisses eine Benachteiligung wegen des Betriebsratsamtes beinhaltet, wenn der befristete Arbeitsvertrag allein deshalb nicht verlängert wird, weil die befristet beschäftigte Arbeitnehmerin Mitglied des Betriebsrats ist. Fitting – Engels – Schmidt – Trebinger – Linsenmaier, BetrVG-Kommentar, 25. Auflage B-Stadt 2010, § 78 Rn. 17 formuliert:

„Unter Benachteiligung ist jede Schlechterstellung im Vergleich zu anderen Arbeitnehmern zu verstehen, die nicht aus sachlichen oder in der Person des Arbeitnehmers liegenden Gründen, sondern um ihrer Tätigkeit innerhalb der Betriebsverfassung willen erfolgt.“

58. Es ist der Klägerin jedoch nicht gelungen, Tatsachen vorzutragen und zu beweisen, aus denen folgt, dass die Beklagte ihr befristetes Arbeitsverhältnis allein deswegen nicht erneut befristet verlängert hat, weil sie zwischenzeitlich Ersatzmitglied des Betriebsrats geworden ist und öfters an Sitzungen des Gremiums als Nachrückerin teilgenommen hat. Die Beklagte hat diese Behauptung konkret inhaltlich bestritten und vorgetragen, sie habe aus sachlichen Gründen von einer Entfristung des Arbeitsverhältnisses der Klägerin abgesehen.

59. Die umfangreichen Ausführungen der Klägerin zum Schicksal der Arbeitsverhältnisse anderer ArbeitnehmerInnen begründen auch keine Indizwirkung, die zu einer Beweislastumkehr zu Lasten der Beklagten führt. Denn die Klägerin muss als zwischen den Parteien unstreitige Tatsache einräumen, dass die Beklagte einerseits auch die befristeten Arbeitsverhältnisse anderer ArbeitnehmerInnen nicht verlängert hat, andererseits die befristeten Arbeitsverhältnisse eines anderen Betriebsratsmitglieds (G) und eines Ersatzmitglieds des Betriebsrats (H) in zeitlicher Nähe zum Ablauf der Befristung des klägerischen Arbeitsverhältnisses entfristet oder deren Befristung verlängert hat.

60. Die Ausführungen der Klägerin zu einem persönlichen Verhältnis zwischen Frau H und einem Vorgesetzten sind spekulativ und erklären keineswegs zwingend, dass Frau H allein wegen dieser Beziehung zu ihrem vorgesetzten entfristet worden ist und sonst von der Beklagten wegen ihrer Ersatzmitgliedschaft im Betriebrat nicht übernommen worden wäre. Die Entscheidung über die Entfristung von Arbeitsverhältnissen trifft die Beklagte, nicht irgendein Vorgesetzter. Anderes behauptet auch die Klägerin nicht, die nur vorträgt, die Vorgesetzten würden von der Beklagten befragt werden, wer für die Verlängerung einer Befristung oder eine Entfristung in Frage komme.

61. Anders als das Arbeitsgericht geht die erkennende Berufungskammer davon aus, dass die Klägerin mit allen ArbeitnehmerInnen im Zuständigkeitsbereich des Betriebsrats vergleichbar ist, was die Fortsetzung befristeter Arbeitsverhältnisse, deren Entfristung oder die Nichtfortsetzung betrifft. Ein Grund, die Klägerin allein mit ArbeitnehmerInnen im Geld- und Wertpapiertransport zu vergleichen, ist nicht ersichtlich. Denn wenn der Grund für die Nichtverlängerung ihres Arbeitsvertrags in ihrer Betriebsratstätigkeit als Nachrückerin oder ihrer Wahl zum Ersatzmitglied des Betriebsrats liegt, ist die konkrete Beschäftigung ohne jede Bedeutung. Das Abstellen auf die vertraglich geschuldete Tätigkeit führt zu einer künstlichen Einengung des zum Vergleich herangezogenen Personenkreises, die im Hinblick auf die Problemstellung nicht zu rechtfertigen ist.

62. Wenn die Klägerin mit jemandem vergleichbar ist, dann mit anderen Betriebsratsmitgliedern, den Ersatzmitgliedern des Betriebsrats und allen übrigen ArbeitnehmerInnen der Beklagten im Betrieb. In Bezug auf diese Vergleichsarbeitnehmergruppe ist ihr jedoch nicht gelungen vorzutragen, die Beklagte benachteilige generell Betriebsratsmitglieder bei der Entscheidung über die Verlängerung ihrer befristeten Arbeitsverhältnisse oder deren Entfristung. Denn der Klägerin und dem Betriebsratsmitglied I, deren Arbeitsvertrag nicht verlängert bzw. entfristet worden ist, stehen ein Betriebsratsmitglied und ein Ersatzmitglied gegenüber, bei denen eine Verlängerung oder Entfristung erfolgt ist.

63. Im Übrigen hat die Beklagte sachliche Gründe vorgetragen, die sie zur Nichtverlängerung des Arbeitsverhältnisses der Klägerin veranlasst haben. Die von der Beklagten vorgetragenen Gründe für ihre Unzufriedenheit mit Leistung und Verhalten der Klägerin, nämlich das dreimalige Zuspätkommen der Klägerin ohne die Möglichkeit einer Entschuldigung wegen Abhängigkeit von einer Fahrgemeinschaft, die Berechtigung der Abmahnung wegen wiederholten Verlassens des Fahrzeugs (zuvor bereits einmal zum Lottospielen) während einer Tour zum Einkauf einer Brotzeit und die der Ermahnung wegen des Unfalls beim rückwärts Fahren, sind von der Klägerin in der Berufung nicht bestritten worden. Diese Gründe haben nichts mit der Betriebsratstätigkeit der Klägerin zu tun.

64. Eine Unwirksamkeit der Befristung des Arbeitsvertrags der Klägerin ergibt sich auch nicht aus der von ihr zitierten Richtlinie 2002/14/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. März 2002 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer in der Europäischen Gemeinschaft (künftig: Richtlinie), die die Bundesrepublik entgegen der Fristsetzung bis 23. März 2005 in Art. 11 Abs. 1 der Richtlinie noch nicht in Deutsches Recht umgesetzt hat, woraus die Klägerin einen Anspruch auf deren Beachtung durch die Gerichte für Arbeitssachen herleitet.

65. Ziel der Richtlinie ist gemäß Art. 1 Abs. 1 die Festlegung eines allgemeinen Rahmens mit Mindestvorschriften für das Recht auf Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer von in der Gemeinschaft ansässigen Unternehmen oder Betrieben, nicht jedoch eine Verbesserung des Bestandsschutzes der Arbeitsverhältnisse von Arbeitnehmervertretungen.

66. Ihrem Art. 7, der lautet:

„Die Mitgliedstaaten tragen dafür Sorge, dass die Arbeitnehmervertreter bei der Ausübung ihrer Funktion einen ausreichenden Schutz und ausreichende Sicherheiten genießen, die es ihnen ermöglichen, die ihnen übertragenen Aufgaben in angemessener Weise wahrzunehmen“ wird im geltenden Recht der F. durch die §§ 15 KSchG, 23 Abs. 3, 78, 119 BetrVG Rechnung getragen. Die Vorschrift verlangt weder ausdrücklich noch in irgendeiner Weise erkennbar einen besseren Schutz von Betriebsratsmitgliedern vor Befristungen ihrer Arbeitsverhältnisse, sondern postuliert lediglich recht allgemein gehalten eine Pflicht zur Regelung von Schutzmaßnahmen für Betriebsräte. Es ist nicht erkennbar, dass Art. 7 der Richtlinie in Kenntnis des deutschen BetrVG ein Mehr an Sicherheit für die Betriebsräte fordert.

67. Auch der EuGH hat in seiner Entscheidung vom 11.02.2010 – C-405/08 – NZA 2010, 286 – 289 festgehalten, Art. 7 der Richtlinie sei dahingehend auszulegen, dass er nicht verlange, ArbeitnehmervertreterInnen einen verstärkten Kündigungsschutz zu gewähren, sondern lediglich bei Maßnahmen zur Umsetzung der Richtlinie, sei es durch Gesetz oder Tarifvertrag den in Art. 7 vorgesehenen Mindestschutz zu wahren.

68. Der Umstand, dass eine Arbeitnehmerin, die aufgrund gesetzlicher oder tarifvertraglicher Vorschriften wirksam mit Sachgrund (§ 14 Abs. 1 TzBfG) oder sachgrundlos (§ 14 Abs. 2 TzBfG) befristet beschäftigt wird, auch dann, wenn sie in den Betriebsrat gewählt oder deren Ersatzmitglied wird, weiterhin in einem wirksam befristeten Arbeitsverhältnis steht, hat den Gesetzgeber nicht veranlasst, in den §§ 14 ff. TzBfG ein Verbot der sachlich begründeten oder sachgrundlosen Befristung der Arbeitsverhältnisse von Betriebsratmitgliedern oder – ersatzmitgliedern auszusprechen oder die Pflicht des Arbeitgebers zu begründen, ein zunächst wirksam befristetes Arbeitsverhältnis befristet oder unbefristet fortzusetzen, sobald die befristet beschäftigte Arbeitnehmerin in den Betriebsrat gewählt wird.

69. Das Problem der befristeten Beschäftigung von Arbeitnehmervertretungen ist dem Gesetzgeber bestens bekannt, wie § 78 a BetrVG zeigt. Die Möglichkeit der Befristung von Arbeitsverhältnissen bedient wichtige gesellschaftliche Ziele, nämlich im Hinblick auf die sachgrundlose Befristung das Ziel der Beschäftigungsförderung und in Bezug auf die Befristung mit Sachgrund das Ziel der Flexibilität der Unternehmen beim Personaleinsatz und ihres Schutzes vor den Risiken von Bestandsschutzklagen in Fällen, in denen von vorneherein feststeht, dass nur ein befristeter Beschäftigungsbedarf für die Arbeitnehmerin besteht. Die Privilegierung von Betriebsratsmitgliedern oder – ersatzmitgliedern durch befristete Fortsetzung oder Entfristung ihrer Arbeitsverhältnisse wie sie die Klägerin fordert, würde zu einer vom BetrVG verbotenen Besserstellung der Betriebsratsmitglieder und – ersatzmitglieder gegenüber anderen befristet beschäftigten ArbeitnehmerInnen führen, § 78 S. 2 BetrVG.

70. Wegen wirksamer Beendigung des Arbeitsverhältnisses der Klägerin ist auch der von ihr geltend gemachte Weiterbeschäftigungsanspruch unbegründet.

71. Die Zahlungsansprüche der Klägerin aus Annahmeverzug beziehen sich sämtlich auf den Zeitraum nach Ablauf ihres befristeten Arbeitsvertrags und sind somit unbegründet.

72. Als unterlegene Partei hat die Klägerin die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels zu tragen, § 97 S. 1 ZPO.

73. Das Gericht hat die Revision für die Klägerin nicht zugelassen, weil ein Grund im Sinne von § 72 Abs. 2 ArbGG nicht ersichtlich ist. Auf die Möglichkeit der Nichtzulassungsbeschwerde wird hingewiesen, § 72 a ArbGG.

Dr. Gericke Zahn Steiner
-----------------------------------------------------
Die von uns erfassten Urteile wurden oft anders formatiert als das Original. Dies bedeutet, daß Absätze eingefügt und Hervorhebungen durch fett-/kursiv-/&farbig-machen sowie Unterstreichungen vorgenommen wurden. Dies soll verdeutlichen, aber keinesfalls natürlich den Sinn verändern.Wenn Sie vorsichtshalber zusätzlich die Originalversion sehen möchten, hier ist der Link zur Quelle (kein Link? Dann ist dieser Link nicht in unserer DB gespeichert, z.B. weil das Urteil vor Frühjahr 2009 gespeichert worden ist).