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Pressemitteilung
C-287/12;
Verkündet am: 
 13.06.2013
EuGH Europäischer Gerichtshof
 

Rechtskräftig: unbekannt!
Urteil des Gerichtshofs in der Rechtssache C-287/12 P
Zum Urteilstext (Englisch!)
Zur englischen Version der Presserklärung

Im Jahr 2008 gewährte der italienische Staat der Luftverkehrsgesellschaft Alitalia1 ein Darlehen in Höhe von 300 Mio. Euro und räumte ihr zudem die Möglichkeit ein, den Darlehensbetrag ihrem Eigenkapital zuzuführen. Nachdem Alitalia ihre Zahlungen eingestellt hatte, wurde sie dem Verfahren der außerordentlichen Insolvenzverwaltung2 unterstellt und eine Bank als unabhängiger Sachverständiger benannt, um zu überprüfen, ob die Preise für den Verkauf ihrer Aktiva mit den Marktpreisen in Einklang standen. Das von der Compagnia Aerea Italiana (CAI) auf den entsprechenden Aufruf zur Interessenbekundung hin abgegebene Angebot für den Aufkauf bestimmter Vermögensgegenstände von Alitalia wurde der Kommission von den italienischen Behörden übermittelt.

Die Kommission leitete hinsichtlich der Maßnahmen über die Darlehensgewährung und die Möglichkeit, den Darlehensbetrag dem Eigenkapital zuzuführen, ein förmliches Prüfverfahren ein. Mit einer ersten Entscheidung stellte sie fest, dass das Darlehen eine mit dem Binnenmarkt unvereinbare rechtswidrige Beihilfe darstelle, und ordnete die Rückforderung dieser Beihilfe von Alitalia an3.

In einer zweiten Entscheidung vertrat die Kommission die Auffassung, dass die Maßnahme des Verkaufs der Aktiva von Alitalia nicht die Gewährung staatlicher Beihilfen an die Erwerber impliziere, sofern die von den italienischen Behörden eingegangenen Verpflichtungen, nach denen der Verkauf zu Marktpreisen erfolgen müsse, in vollem Umfang erfüllt würden. Im Übrigen bestätigte die Kommission, dass auch das Verfahren der außerordentlichen Insolvenzverwaltung, dem Alitalia unterstellt worden war, nicht zur Gewährung einer Beihilfe zugunsten der Erwerber führe4. Sie gelangte zu der Schlussfolgerung, dass das von Italien durchgeführte Verfahren keine wirtschaftliche Kontinuität zwischen Alitalia und den Erwerbern von deren Aktiva impliziere und dass der Verkauf keine Umgehung der Verpflichtung zur Rückforderung der Beihilfe bewirke.

Mit seinem Urteil von 20125 wies das Gericht die Klage von Ryanair ab und bestätigte damit die Entscheidungen der Kommission, mit denen das Darlehen Italiens an Alitalia für rechtswidrig erklärt und der Verkauf von deren Aktiva genehmigt wurde.

Mit seinem heutigen Urteil weist der Gerichtshof das Vorbringen von Ryanair gegen das Urteil des Gerichts in vollem Umfang zurück.

Als Erstes führt der Gerichtshof zum Antrag auf Nichtigerklärung der zweiten Entscheidung aus, dass das Gericht die Kommission zu Recht für befugt gehalten hat, eine Entscheidung zu erlassen, mit der sie feststellt, dass keine staatliche Beihilfe vorliegt, und zugleich die von Italien eingegangenen Verpflichtungen zur Kenntnis nimmt. Nach Auffassung des Gerichtshofs handelt es sich um eine „Entscheidung ..., die zur Klarstellung bestimmter Punkte die vom Mitgliedstaat im Stadium der Anmeldung der streitigen Maßnahme freiwillig eingegangenen Verhaltenspflichten berücksichtigt“, so dass diese Verpflichtungen Bestandteil der angemeldeten Maßnahme sind.

Als Zweites stellt der Gerichtshof fest, dass das Gericht der Kommission zu Recht nicht vorgeworfen hat, eine unvollständige Prüfung hinsichtlich der Ermäßigung von Belastungen und hinsichtlich der anderen Vergünstigungen, die CAI nach den italienischen Rechtsvorschriften gewährt worden sein sollen, vorgenommen zu haben, da diese Maßnahmen für die Beantwortung der Frage, ob dem Erwerber der Aktiva der Alitalia-Gruppe möglicherweise ein Vorteil gewährt wurde, nicht relevant waren.

Als Drittes weist der Gerichtshof darauf hin, dass sich Ryanair nicht gegen die Feststellung des Gerichts gewandt habe, dass bei der Bewertung der Angebote durch den unabhängigen Sachverständigen das Preiskriterium der ausschlaggebende Maßstab gewesen sei (Kriterium der Fortführung des Dienstes zweitrangig). Ebensowenig hat Ryanair die Feststellung beanstandet, dass die Verpflichtung der Fortführung des Dienstes nicht unbedingt bedeute, dass den Wirtschaftsteilnehmer, dessen Angebot berücksichtigt werde, eine gemeinwirtschaftliche Verpflichtung treffe. Jedenfalls hat Ryanair vor dem Gericht nicht bewiesen, dass die Notwendigkeit der Sicherstellung einer mittelfristigen Fortsetzung des Luftverkehrsdienstes zu einer Senkung des Preises der Aktiva der Alitalia-Gruppe unter den Marktpreis geführt hätte.

Zur Frage, welches Unternehmen zur Rückzahlung der Beihilfe verpflichtet ist, stellt der Gerichtshof schließlich fest, dass das Gericht mit der Feststellung, dass CAI nicht der wirtschaftliche Nachfolger von Alitalia gewesen sei, die ihm vorgelegten Beweismittel nicht verfälscht hat: Das Übernahmeangebot von CAI bezog sich nämlich nur auf bestimmte Vermögensgegenstände im Zusammenhang mit der Fluggastbeförderung und auf die entsprechenden Zeitnischen. Es betraf also nicht alle Zeitnischen, die von Alitalia für die Fluggastbeförderung verwendet wurden, und nur die Hälfte der 180 Flugzeuge dieser Luftverkehrsgesellschaft.

Folglich weist der Gerichtshof das Rechtsmittel von Ryanair zurück.

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HINWEIS: Beim Gerichtshof kann ein auf Rechtsfragen beschränktes Rechtsmittel gegen ein Urteil oder einen Beschluss des Gerichts eingelegt werden. Das Rechtsmittel hat grundsätzlich keine aufschiebende Wirkung. Ist das Rechtsmittel zulässig und begründet, hebt der Gerichtshof die Entscheidung des Gerichts auf. Ist die Rechtssache zur Entscheidung reif, kann der Gerichtshof den Rechtsstreit selbst entscheiden. Andernfalls verweist er die Rechtssache an das Gericht zurück, das an die Rechtsmittelentscheidung des Gerichtshofs gebunden ist.
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1Das Gericht hatte sich bereits mehrmals mit der Situation von Alitalia zu befassen: 2000 erklärte es mit seinem Urteil vom 12. Dezember 2000 (T-296/97, „Alitalia I“) die Entscheidung der Kommission von 1997 über eine Kapitalerhöhung zugunsten von Alitalia (97/789/97) für nichtig. 2008 bestätigte es mit seinem Urteil vom 9. Juli 2008 (T-301/01, Urteil „Alitalia II“, vgl. Pressemitteilung Nr. 48/2008) eine Entscheidung der Kommission von 2001 über die Umstrukturierung von Alitalia (2001/723/EG).
2Dieses Verfahren findet in Italien auf in Schwierigkeiten geratene Unternehmen, die im Bereich der wesentlichen Gemeinwohldienstleistungen tätig sind, Anwendung, bevor sie für zahlungsunfähig erklärt werden; es ermöglicht die finanzielle Sanierung des Unternehmens durch die Veräußerung seiner Aktiva. Diese Möglichkeit ist jedoch daran geknüpft, dass ein unabhängiger Sachverständiger prüft, dass die Verkaufspreise der betroffenen Aktiva mit den Marktpreisen in Einklang stehen.
3Entscheidung 2009/155/EG vom 12. November 2008 über das Darlehen in Höhe von 300 Mio. EUR, das Italien dem Unternehmen Alitalia gewährt hat, Nr. C 26/08 (vormals NN 31/08) (ABl. L 52, S. 3).
4Entscheidung C(2008) 6745 vom 12. November 2008 betreffend die staatliche Beihilfe N 510/2008 – Italien – Verkauf der Aktiva der Fluggesellschaft Alitalia (nicht im Amtsblatt veröffentlicht).
5Urteil des Gerichts vom 28. März 2012, Ryanair/Kommission (T-123/09), vgl. auch Pressemitteilung Nr. 34/12.
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