Pressemitteilung
C-267/12;
Verkündet am:
12.12.2013
EuGH Europäischer Gerichtshof
Rechtskräftig: unbekannt! Urteil des Gerichtshofs in der Rechtssache C-267/12 Leitsatz des Gerichts: Die Weigerung, ihm diese Vergünstigungen zu gewähren, stellt eine unmittelbare Diskriminierung aufgrund der sexuellen Ausrichtung dar Zum Urteilstext (Englisch!) Zur englischen Version der Presserklärung Nach französischem Recht war zu dem für diese Rechtssache maßgeblichen Zeitpunkt1 die Ehe Paaren unterschiedlichen Geschlechts vorbehalten. Herr Hay ist Angestellter des Crédit agricole mutuel, nach dessen Tarifvertrag2 Arbeitnehmern aus Anlass ihrer Eheschließung bestimmte Vergünstigungen gewährt werden, nämlich Sonderurlaubstage und eine Gehaltsprämie. Herrn Hay, der einen zivilen Solidaritätspakt (pacte civil de solidarité) (PACS) mit seinem Partner gleichen Geschlechts geschlossen hatte, wurden diese Vergünstigungen mit der Begründung verweigert, dass sie nach dem Tarifvertrag nur im Fall der Eheschließung gewährt würden. Herr Hay hat diese Verweigerung vor den französischen Gerichten angefochten. Die in letzter Instanz angerufene Cour de cassation (Frankreich) fragt den Gerichtshof, ob die unterschiedliche Behandlung von Personen, die einen PACS mit ihrem Partner gleichen Geschlechts geschlossen haben, eine Diskriminierung aufgrund der sexuellen Ausrichtung darstellt, die nach dem Unionsrecht in Arbeitsverhältnissen verboten ist3. In seinem Urteil vom heutigen Tag prüft der Gerichtshof zunächst, ob die Situation von Personen, die eine Ehe schließen, und die von Personen, die einen PACS eingehen, weil sie nicht die Möglichkeit haben, mit einer Person gleichen Geschlechts eine Ehe zu schließen, in Bezug auf die Gewährung der fraglichen Vergünstigungen vergleichbar sind. Hierzu stellt der Gerichtshof fest, dass letztere sich, ebenso wie Ehepartner, in einem genau bestimmten rechtlichen Rahmen verpflichten, eine Lebensgemeinschaft zu führen und sich gegenseitige materielle Unterstützung und gegenseitigen Beistand zu leisten. Zudem weist der Gerichtshof darauf hin, dass der PACS zu dem für diese Rechtssache maßgeblichen Zeitpunkt die einzige Möglichkeit darstellte, die das französische Recht gleichgeschlechtlichen Paaren bot, um ihrer Partnerschaft einen festen rechtlichen Status zu verleihen, der Dritten entgegengehalten werden kann. Daher sind die Situation von Personen, die eine Ehe schließen, und die von Personen gleichen Geschlechts, die einen PACS eingehen, weil sie nicht die Möglichkeit haben, eine Ehe zu schließen, hinsichtlich der Gewährung der fraglichen Vergünstigungen vergleichbar. Ferner begründet der Tarifvertrag, nach dem Arbeitnehmern, die eine Ehe schließen, bezahlter Urlaub und eine Prämie gewährt werden, während die Ehe Personen gleichen Geschlechts nicht offensteht, nach Auffassung des Gerichtshofs eine unmittelbare, auf der sexuellen Ausrichtung beruhende Diskriminierung von homosexuellen Arbeitnehmern, die einen PACS geschlossen haben. Dass der PACS nicht ausschließlich homosexuellen Paaren vorbehalten ist, ändert nichts am Wesen der Diskriminierung dieser Paare, denen damals – anders als heterosexuellen Paaren – die Schließung einer Ehe rechtlich nicht möglich war. Da schließlich die ungünstigere Behandlung von Paaren, die einen PACS geschlossen haben, durch keinen in der Richtlinie vorgesehenen zwingenden Grund des Allgemeininteresses gerechtfertigt ist, antwortet der Gerichtshof, dass das Unionsrecht der angefochtenen Bestimmung des Tarifvertrags entgegensteht. ------------------- HINWEIS: Im Wege eines Vorabentscheidungsersuchens können die Gerichte der Mitgliedstaaten in einem bei ihnen anhängigen Rechtsstreit dem Gerichtshof Fragen nach der Auslegung des Unionsrechts oder nach der Gültigkeit einer Handlung der Union vorlegen. Der Gerichtshof entscheidet nicht über den nationalen Rechtsstreit. Es ist Sache des nationalen Gerichts, über die Rechtssache im Einklang mit der Entscheidung des Gerichtshofs zu entscheiden. Diese Entscheidung des Gerichtshofs bindet in gleicher Weise andere nationale Gerichte, die mit einem ähnlichen Problem befasst werden. ------------------ 1Die Ehe zwischen Personen gleichen Geschlechts wurde in Frankreich durch das Gesetz Nr. 2013-404 vom 17. Mai 2013 zugelassen. 2Der Tarifvertrag des Crédit agricole mutuel wurde am 10. Juli 2008 dahin geändert, dass die fraglichen Vergünstigungen auf durch einen zivilen Solidaritätspakt verbundene Personen erstreckt wurden. Da diese Änderung jedoch nicht rückwirkend gilt, erfasst sie nicht die Situation von Herrn Hay, der mit seinem Partner am 11. Juli 2007 einen zivilen Solidaritätspakt geschlossen hat. 3Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (ABl. L 303, S. 16). ----------------------------------------------------- Die von uns erfassten Urteile wurden oft anders formatiert als das Original. Dies bedeutet, daß Absätze eingefügt und Hervorhebungen durch fett-/kursiv-/&farbig-machen sowie Unterstreichungen vorgenommen wurden. Dies soll verdeutlichen, aber keinesfalls natürlich den Sinn verändern.Wenn Sie vorsichtshalber zusätzlich die Originalversion sehen möchten, hier ist der Link zur Quelle (kein Link? Dann ist dieser Link nicht in unserer DB gespeichert, z.B. weil das Urteil vor Frühjahr 2009 gespeichert worden ist). |