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Pressemitteilung
C-482/13, C-484/13, C-485/13, C-487/13;
Verkündet am: 
 21.01.2015
EuGH Europäischer Gerichtshof
 

Rechtskräftig: unbekannt!
Die spanischen Rechtsvorschriften, wonach die nationalen Gerichte verpflichtet sind, die Verzugszinsen, deren Satz das Dreifache des gesetzlichen Zinssatzes übersteigt, neu berechnen zu lassen, sind mit dem Unionsrecht vereinbar
Leitsatz des Gerichts:
Allerdings müssten die spanischen Gerichte die Möglichkeit haben, die Klausel, die solche Zinsen vorschreibt, für missbräuchlich zu halten und sie daher unangewendet zu lassen
Zum Urteilstext (Englisch!)
Zur englischen Version der Presserklärung

Zweck der Richtlinie 93/13/EWG1 ist die Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über missbräuchliche Klauseln in Verträgen zwischen Gewerbetreibenden und Verbrauchern.

Die spanischen Rechtsvorschriften über den Verbraucherschutz wurden infolge des Urteils Aziz des Gerichtshofs2 geändert. Nunmehr kann das Gericht, wenn es im Rahmen eines Vollstreckungsverfahrens die Missbräuchlichkeit einer oder mehrerer Klauseln feststellt, entscheiden, dass keine Vollstreckung stattfindet oder dass sie unter Nichtanwendung der als missbräuchlich betrachteten Klauseln durchzuführen ist.

Das spanische Gesetz bestimmt auch, dass die Verzugszinsen für die für den Erwerb der eigengenutzten Wohnung aufgenommenen Darlehen oder Kredite, die durch Hypotheken gesichert sind, die an dieser Wohnung bestellt worden sind, das Dreifache des gesetzlichen Zinssatzes nicht übersteigen und nur auf die rückständige Hauptforderung erhoben werden dürfen.

Unicaja Banco und Caixabank beantragten die Eröffnung mehrerer Hypothekenvollstreckungsverfahren, um die Zwangsvollstreckung aus mehreren Hypotheken von einem Wert zwischen 47 000 und 249 000 Euro zu erlangen. Die Verzugszinsen auf die Hypothekendarlehen betrugen 18 % bzw. 25 %. Außerdem enthielten alle Darlehensverträge eine Klausel, nach der der Darlehensgeber, falls der Darlehensnehmer seinen Zahlungsverpflichtungen nicht nachkam, den anfänglich vereinbarten Fälligkeitszeitpunkt vorverlegen und die Zahlung des gesamten geschuldeten Kapitals zuzüglich der Zinsen, Verzugszinsen, Gebühren, Auslagen und vereinbarten Kosten verlangen konnte.

Unicaja Banco und Caixabank beantragten beim Juzgado de Primera Instancia e Instrucción n° 2 de Marchena (Spanien) die Zwangsvollstreckung unter Einbeziehung der vereinbarten Verzugszinsen. Das spanische Gericht wirft die Frage der Missbräuchlichkeit der Klauseln über die Verzugszinsen und über die Anwendung dieser Zinssätze auf das Kapital auf, dessen vorverlegte Fälligkeit auf der Zahlungsverzögerung beruht. Es hat jedoch Zweifel, welche Konsequenzen die Missbräuchlichkeit dieser Klauseln hat, da es nach spanischem Recht die Verzugszinsen, deren Satz das Dreifache des gesetzlichen Zinssatzes übersteigt, neu berechnen lassen müsste, so dass ein Zinssatz, der diese Schwelle nicht überschreitet, zur Anwendung kommt. Das spanische Gericht fragt daher den Gerichtshof, ob die Richtlinie über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen dem spanischen Gesetz entgegensteht.

In seinem heutigen Urteil führt der Gerichtshof aus, dass die Richtlinie dem spanischen Gesetz nicht entgegensteht, sofern seine Anwendung i) der Beurteilung der Missbräuchlichkeit der Klausel durch das nationale Gericht nicht vorgreift und ii) das Gericht nicht daran hindert, die Klausel unangewendet zu lassen, wenn es zu dem Ergebnis kommen sollte, dass sie missbräuchlich im Sinne der Richtlinie ist.

Hierzu stellt der Gerichtshof fest, dass die Verpflichtung zur Einhaltung der Schwelle, die dem Verzugszinssatz entspricht, in keiner Weise der Beurteilung der Missbräuchlichkeit einer Klausel, mit der diese Zinsen festgelegt werden, durch das nationale Gericht vorgreift. Der Gerichtshof hebt nämlich hervor, dass das nationale Gericht die eventuelle Missbräuchlichkeit einer Klausel über Verzugszinsen, deren Zinssatz niedriger als der vom spanischen Gesetz vorgesehene ist, beurteilen kann. Ein Verzugszinssatz, der weniger als das Dreifache des gesetzlichen Zinssatzes beträgt, kann nicht zwangsläufig als billig im Sinne der Richtlinie angesehen werden. Wenn der in einer Klausel vorgesehene Verzugszinssatz höher als der vom spanischen Gesetz vorgesehene ist und beschränkt werden muss, darf dies ebenso das nationale Gericht nicht daran hindern, alle Konsequenzen aus der eventuellen Missbräuchlichkeit im Hinblick auf die Richtlinie 93/13 zu ziehen und die Klausel gegebenenfalls für ungültig zu erklären.

Nachdem er dies klargestellt hat, bemerkt der Gerichtshof außerdem, dass in diesen Rechtssachen, vorbehaltlich der Prüfungen durch den Juzgado de Primera Instancia e Instrucción n° 2 de Marchena, die Nichtigerklärung der Vertragsklauseln grundsätzlich keine negativen Folgen für den Verbraucher zu haben scheint, da die Beträge, wegen der die Hypothekenvollstreckungsverfahren eingeleitet wurden, zwangsläufig geringer sein werden, weil es zu der Erhöhung, die aus den in den Klauseln vorgesehenen Verzugszinsen resultiert, nicht kommt.

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HINWEIS: Im Wege eines Vorabentscheidungsersuchens können die Gerichte der Mitgliedstaaten in einem bei ihnen anhängigen Rechtsstreit dem Gerichtshof Fragen nach der Auslegung des Unionsrechts oder nach der Gültigkeit einer Handlung der Union vorlegen. Der Gerichtshof entscheidet nicht über den nationalen Rechtsstreit. Es ist Sache des nationalen Gerichts, über die Rechtssache im Einklang mit der Entscheidung des Gerichtshofs zu entscheiden. Diese Entscheidung des Gerichtshofs bindet in gleicher Weise andere nationale Gerichte, die mit einem ähnlichen Problem befasst werden.
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1Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen (ABl. L 95, S. 29).
2Urteil des Gerichtshofs vom 14. März 2013 in der Rechtssache C-415/11 (vgl. auch Pressemitteilung Nr. 30/13). In diesem Urteil hat der Gerichtshof entschieden, dass die Richtlinie über missbräuchliche Klauseln der spanischen Regelung entgegenstand, die dem Gericht, das dafür zuständig war, eine Klausel für missbräuchlich zu erklären, nicht erlaubte, das Hypothekenvollstreckungsverfahren auszusetzen, wenn dies erforderlich war, um die volle Wirksamkeit seiner Endentscheidung zu gewährleisten.
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